Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser verteidigt den Kriterienkatalog der SPÖ. Dieser sei ein Instrument zur Partnerwahl.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Das Dogma der SPÖ "keine Zusammenarbeit mit einer rechtspopulistischen FPÖ" wird durch einen Werte- und Kriterienkanon ersetzt. Erst am Mittwochabend hat Bundeskanzler SPÖ-Vorsitzender Christian Kern in der Diskussion mit FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache darauf verwiesen, dass künftige Koalitionsverhandlungen entlang dieses Kriterienkatalogs geführt werden. Bis spätestens 12. Mai muss dieser fertig ausgearbeitet sein, um beim dann stattfindenden Parteitag beschlossen werden zu können.
Die Neuordnung der Beziehung zur SPÖ wird umso notwendiger, je geringer die Möglichkeiten für die SPÖ werden, andere Koalitionen außerhalb der ÖVP für eine Mehrheitsbildung einzugehen. Und dass das Thema Neuwahlen möglicherweise nach der Bundespräsidentschaftswahl am 4. Dezember virulent wird, ist nicht auszuschließen.
Federführend bei der Ausarbeitung dieses Kriterienkatalogs ist der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser. In der Arbeitsgruppe sind außerdem alle SPÖ-Landesorganisationen, die Parteijugend, Klubobmann Andreas Schieder und Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler.
Falsche Debattezur falschen Zeit
Politikwissenschafter Ferdinand Karlhofer von der Universität Innsbruck hält die Debatte um einen Kriterienkatalog für eine artifizielle Diskussion, die schon am Tag nach der Bundespräsidentschaftswahl überholt sein könnte. Denn weder SPÖ noch ÖVP könnten so tun, als ginge sie die Hofburgwahl nichts an. Die Debatte um einen Kriterienkatalog komme zu einer falschen Zeit, sagt der Politikwissenschafter.
Landeshauptmann Kaiser, Erfinder des Kriterienkatalogs, sieht das völlig anders. Erstens müsse die Partei das Koalitionsverbot mit der FPÖ einer Klärung zuführen. Denn die Realität sei eine andere, es gebe Koalitionen auf Gemeindeebene, aber eben auch im Burgenland. "Wir können aber keine Gemeindeorganisation oder eine ganze Landesorganisation aus der Partei ausschließen", sagt Kaiser im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Zweitens erleichtere ein solches Tool sachliche Entscheidungen. Er selbst habe bei den Koalitionsverhandlungen in Kärnten 2013 erlebt, wie wichtig eine ausgearbeitete Strategie ist. Er habe damals diese Methode, mit einem Kriterienkatalog in die Verhandlungen zu gehen, bereits angewandt. Darin sei etwa die Abschaffung der Proporzregierung, Sauberkeit in der Politik, Entflechtung von Wirtschaft und Politik und die Aufarbeitung des Heta-Debakels festgehalten gewesen. Die Grünen und die ÖVP hätten dem zugestimmt, das Team Stronach habe das partiell mitgetragen, mit der FPÖ habe es keine Übereinstimmung gegeben. Darauf aufbauend habe er die Dreierkoalition gebildet, sagt Kaiser. "Ein Kriterienkatalog ist ein Instrument und kein Dogma. Man kann damit arbeiten und es als Entscheidungshilfe heranziehen."
Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl, der ja mit seiner Koalitionsbildung mit der FPÖ Auslöser der Debatte war, kann sich vorstellen, das Thema Steuergerechtigkeit, ein Bekenntnis zur EU sowie die Ablehnung von Nationalismus, Rassismus Antisemitismus und Extremismus aufzunehmen, wie er am Donnerstag in einem APA-Interview sagte. Das stehe auch im Koalitionsvertrag zwischen SPÖ und FPÖ so drin.
Auch Kaiser hat, was die Bundespartei betrifft, sehr konkrete Vorstellungen darüber, wie ein solcher Kriterienkatalog aussehen soll. "Aus dem Selbstverständnis der SPÖ wird eine Präambel entwickelt, aus der unabdingbare Kriterien abgeleitet werden", sagt der Landeshauptmann. Persönlich würde er "das Bekenntnis zu Österreich, zur Zweiten Republik, zur Neutralität, ein Ja zur Europäischen Union, ein Bekenntnis zur Aufrechterhaltung und zur Sicherung des Wohlfahrtsstaates, ein Bekenntnis zur Gleichbehandlung und den Respekt für Minderheiten" als fixe Kriterien festschreiben. Auch eine ablehnende Haltung gegenüber Listen, auf denen Identitäre oder Staatsfeinde vertreten seien, müsse als fixes Kriterium enthalten sein.
Fixe und dynamische Kriterien brauchen Zustimmung
Daneben solle es aber dynamische Kriterien geben - so wie er sie für die Kärntner Koalitionsverhandlungen entwickelt habe, sagt Kaiser. Die dynamischen Kriterien würden sich teilweise aus dem Wahlprogramm ableiten und seien eben auf die bestimmte Ebene - Bund, Land Gemeinde - anzupassen. Das sei der flexible Teil. Wären morgen Wahlen, würde er, Kaiser, die bundeseinheitliche bedarfsorientierte Mindestsicherung in den dynamischen Teil schreiben.
Wichtig ist Kaiser aber, dass auch die flexiblen Kriterien von einem breiteren Gremium als bisher vor Beginn von konkreten Koalitionsverhandlungen beschlossen werden. Das Ortspräsidium alleine sei nicht ausreichend.
Dieses Handwerkszeug sei nicht nur in eine Richtung - zur Suche des Koalitionspartners für die SPÖ - anwendbar, es erleichtere auch anderen Parteien die Entscheidung, ob sie mit der SPÖ eine Regierung bilden wollen. "Sinn eines solchen Werte- und Kriterienkataloges ist es, auf allen Ebenen eine klare Entscheidungs- und Orientierungsgrundlage zu sein", betont der Kärntner Landeshauptmann.