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Kritik an Förderungen für Denkfabriken

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU-Kommission sponsort zahlreiche Vereine. | Vertreter großer Think Tanks: "Sind trotzdem unabhängig." | Brüssel. Die EU wird 2010 mehr als 30 Millionen Euro ausgeben, um ihren Bürgern ihre Werte näher zu bringen, ein EU-Gefühl zu wecken und sie für die Politik der Union zu begeistern. 6,7 Millionen Euro sind zu diesem Zweck bereits fix für zahlreiche Think Tanks und Nichtregierungsorganisationen (NGO) zugeteilt. Gerade bei Ersteren stellt sich die Frage, ob ihre Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt wird, wenn sie von der EU-Kommission gesponsert werden.


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Auf der Liste der zuständigen EU-Exekutivagentur für Bildung und Kultur (EACEA) finden sich auch die renommierten Think Tanks European Policy Centre (EPC) und Centre for European Policy Studies (CEPS), die heuer jeweils 146.000 und 140.000 Euro überwiesen bekommen. In Österreich werden das Europäische Paraolympische Komitee mit Sitz am Opernring mit 89.000 und die Europäische Arge Landentwicklung und Dorferneuerung mit 60.000 Euro bedacht. Spitzenreiter sind die Plattform der Europäischen Sozial-NGO mit 700.000, Notre Europe mit 605.000 und der Europäische Flüchtlingsrat mit 500.000 Euro.

"Täuschungs-Manöver"

Kein Verständnis für diese Unterstützungszahlungen hat der britische Think Tank Open Europe, der für seine kritische Haltung gegenüber der Union bekannt ist. Es handle sich um ein Täuschungsmanöver für die Öffentlichkeit, lautet der Vorwurf. Die EU-Kommission etabliere ihre eigenen Ausschüsse und behaupte dann, dass diese unabhängige Think Tanks seien, sagte Peter Cleppe von Open Europe zum Internetdienst EU-Observer. Sie könnten die EU daher nicht so in Frage stellen, wie es möglich wäre, wenn sie nicht von ihr bezahlt würden. Das sei der wahre Grund für die Förderungen.

In den großen Brüsseler Think Tanks gibt es für diese Sichtweise keine Zustimmung. Die Unterstützungszahlungen der EU machten gerade einmal fünf Prozent des Gesamtbudgets aus, meinte EPC-Geschäftsführer Hans Martens. "Für diesen Preis kann man uns nicht kaufen." Noch geringer ist der Anteil der EU-Finanzierung laut Kommunikationschef Marco Incerti beim Ceps, nämlich bei zwei Prozent. Sollte die EU-Kommission tatsächlich versuchen, die Arbeit des Think Tanks zu beeinflussen, könnte man es sich auch leisten, auf den Kommissionsbeitrag zu verzichten.

Ganz allgemein erzählen Mitarbeiter von EU-gesponserten Institutionen, dass sie eher der EU-Kommission Input liefern, als an ihrer Leine zu laufen. Das Geld fließe oft in konkrete Projekte, mit denen sich NGOs auf Ausschreibungen der Kommission bewerben. Dass daher bei Aufträgen für die Vermittlung der EU keine Negativkampagnen herauskämen, sei nicht verwunderlich.

Hälfte von Kommission

Und anders als bei EPC und Ceps ist der Anteil der EU-Finanzierung am Budget bei manchen der geförderten Institute um die 50 Prozent oder noch darüber. Pour la Solidarité asbl, die sozio-ökonomische Studien und Vernetzung in Brüssel anbietet, erhält mehr als 64 Prozent seines Haushalts von der EU-Kommission überwiesen, der französische Think Tank Notre Europe gut 54 Prozent. Das bedeute zwar noch lange nicht, dass man auch für die Kommission arbeite, heißt es aus Paris. Die Optik sei aber nicht optimal.