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Kroatien: Beitritt in zwei Jahren?

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Gute Fortschritte bei Verhandlungen. | Schwierigste Kapitel noch offen. | Brüssel. Kroatien könnte in etwa zwei Jahren die EU-Beitrittsverhandlungen hinter sich haben. Das deutete der zuständige Direktor der EU-Kommission, Christian Danielsson, bei einer Veranstaltung des European Policy Centers am Dienstag an. Doch das Land hat die größten Hürden noch vor sich.


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Die seit zwei Jahren dauernden Gespräche befänden sich in der Mitte, in zwei Jahren sei man hoffentlich fertig, sagte Danielsson. So gab sich der kroatische Chefverhandler Vladimir Drobnjak auch "nicht unzufrieden": Zwei der 35 Verhandlungskapitel seien schon abgeschlossen, zwölf eröffnet und "innerhalb der nächsten Tage" kämen zwei weitere dazu. Am Reformeifer Kroatiens würden auch die Ende November stattfindenden Wahlen unabhängig von ihrem Ausgang keinesfalls etwas ändern, betonte Drobnjak. Die EU-Mitgliedschaft sei ein parteiübergreifender Konsens im Land. Das interne Ziel sei, 2009 beitrittsreif zu sein.

Problem Justiz

Allerdings blieben noch die schwierigsten Brocken für die Kroaten, erläuterte Balkan-Experte Franz-Lothar Altmann von der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik. Dass Zagreb nicht so bald ein Beitrittsdatum bekommen werde, liege an den Erfahrungen der EU mit Bulgarien und Rumänien. Trotz Mitgliedschaft seien die Korruptionsprobleme in Justiz und Polizei dort noch immer nicht gelöst. Und eine Justizreform sei auch in Kroatien dringend: Die Verfahren dauerten viel zu lange, Entscheidungen der Gerichte würden oft undurchsichtig gefällt. Auf lokaler Ebene gebe es weiterhin eine feindliche Einstellung gegenüber dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag; der Grenzkonflikt mit dem EU-Mitglied Slowenien in der Bucht von Piran sei weiterhin ungeklärt. Dass Kroatien ab Anfang 2008 eine erweiterte Schutzzone ausgerufen hat, ist neben Slowenien auch Italien ein Dorn im Auge.

Schließlich seien unter den bisher nicht geöffneten Verhandlungskapiteln auch die schwierigsten, so Altmann - etwa Binnenmarkt: Die kroatische Wirtschaft sei noch nicht wettbewerbsfähig genug. Mehr als die Hälfte der Betriebe sei in Staatshand, unzulässige Subventionen verbreitet. Vor allem die massiv gestützten Schiffswerften im Land stören die EU-Kommission. Bei einer Reform drohen allerdings Massenentlassungen. Daher werde die Restrukturierung der Werften eine der Top-Prioritäten nach den Wahlen, kündigte Drobnjak an.