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Kroatien hofft auf Verhandlungsstart nach dem EU-Gipfel im Dezember

Von Sissi Eigruber

Europaarchiv

Bei dem EU-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am 16. und 17. Dezember soll über den Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien entschieden werden. Doch im Vorfeld haben die Spannungen zwischen der EU und dem Kandidatenland wieder zugenommen.


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Während Kroatien für die Entwicklung auf wirtschaftlicher, rechtlicher und politischer Ebene immer wieder Lob erntet, ist der Ton in Sachen Auslieferung von Kriegsverbrechern wieder rauer geworden. Die UNO-Chefanklägerin Carla Del Ponte hat in einem Bericht an den EU-Sicherheitsrat Ende November wieder Kritik an der Zusammenarbeit Kroatiens mit dem Tribunal (ICTY) geübt.

Dabei geht es im wesentlichen um einen Mann: den ehemaligen kroatischen General Ante Gotovina. Er wurde bereits 2001 vom UNO-Tribunal in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt. Die Vorfälle sollen sich im Zuge der Operation "Sturm" zur Rückeroberung der von den Serben kontrollierten Krajina 1995 ereignet haben. Gotovina wird für die Tötung von mindestens 150 Serben, den Raub und die Vernichtung von deren Besitz, die Zerstörung von Städten und Dörfern, Deportationen und andere Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht. Es wird immer wieder kolportiert, dass Gotovina nicht nur von Teilen der Bevölkerung, sondern auch von staatlicher Seite gedeckt wird. Die kroatische Regierung weist dies zurück. Nun hat auch Ministerpräsident Ivo Sanader an Gotovina appelliert, sich dem Tribunal in Den Haag zu stellen.

Länderspezifische Kriterien für den EU-Beitritt

Indessen mehren sich die Hinweise darauf, dass die EU-Länder den Start der Beitrittsverhandlungen von der Auslieferung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers abhängig machen könnten.

Auf die Frage, warum dieser Fall mit den EU-Verhandlungen verknüpft wird, meint Filip Cornelis von der Generaldirektion Erweiterung der Europäischen Kommission im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", dass die Zusammenarbeit Kroatiens mit dem Tribunal schon seit 1997 ein wesentlicher Bestandteil der Annäherung an die EU sei. Zudem seien die Kriterien für eine EU-Mitgliedschaft inzwischen politischer geworden. Grundsätzlich würden zwar für jedes Land die selben Voraussetzungen gelten, aber der Beitrittsprozess wurde im Laufe der Zeit verbessert. Die Besonderheiten jedes Landes würden inzwischen stärker berücksichtigt. Von Kroatien werden neben der vollen Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal die Verbesserung der Voraussetzungen für die Flüchtlingsrückkehr und engere regionale Kooperationen mit den Nachbarländern gefordert.

Ziel: Verhandlungen ab 2005, Mitgliedschaft ab Jahr 2007

"Wir wollen bis zum Jahr 2007 die Kriterien für die Mitgliedschaft erfüllt haben", erklärte die kroatische Ministerin für Europäische Integration, Kolinda Grabar-Kitarovic, im Rahmen der Kroatien-Tagung des Europäischen Forum Alpbach, der Flughafen Wien AG und dem Institut für Donauraum und Mitteleuropa in der Wirtschaftskammer Österreich am Dienstag. Dann werde das Referendum in Kroatien und die Mitgliedschaft folgen. Grabar-Kitarovic zeigte sich zuversichtlich, dass sich die EU-Staaten bei ihrem Gipfel Mitte Dezember auf einen Start der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien Anfang 2005 einigen werden.