Für Österreich gelten Übergangsbestimmungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit.
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Der am 1. Juli 2013 vollzogene EU-Beitritt Kroatiens ist das Resultat eines langwierigen Prozesses, der mit dem Antrag auf Vollmitgliedschaft im Jahr 2003 seinen Anfang genommen hat. Durch den Beitritt erfährt nicht nur Kroatien selbst Veränderungen, sondern auch die gesamte EU samt ihrer Mitgliedsstaaten: So wird etwa Kroatien im Rat, der Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und in sämtlichen übrigen Organen der EU vertreten sein .
Es kommt auch zu einer umfassenden Veränderung im kroatischen Rechtsgefüge, da unionsrechtliches Primärrecht und Verordnungen nunmehr unmittelbar gelten und Richtlinien umzusetzen sind. Auch sind Entscheidungen kroatischer Gerichte von den übrigen Mitgliedsstaaten und ihren Behörden sowohl anzuerkennen als auch zu vollstrecken, genauso wie Entscheidungen aus den Mitgliedsstaaten in Kroatien. Kroatische Gerichte haben in Zukunft außerdem Auslegungsfragen dem EuGH vorzulegen und werden somit an der Rechtsfortbildung des Unionsrechts maßgeblich beteiligt sein.
In manchen Bereichen, wie etwa dem Steuerrecht, wurde diese Rechtsangleichung bereits vor dem Beitritt begonnen. Ebenso ist es als Unionsbürger schon seit längerer Zeit möglich, in Kroatien Immobilien unter denselben Voraussetzungen zu erwerben wie kroatische Staatsbürger.
Durch nunmehrige Geltung von Unionsprimärrecht gelten auch die unionsrechtlichen Grundfreiheiten im Zusammenhang mit Kroatien vorbehaltlich einiger Übergangsbestimmungen, die insbesondere für Österreich gelten. So haben kroatische Staatsbürger gemäß der Arbeitnehmerfreizügigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat dieselben Voraussetzungen vorzufinden, um einer unselbständigen Beschäftigung nachzugehen, wie Staatsangehörige dieses Mitgliedsstaates. Für Österreich gelten jedoch Übergangsbestimmungen: Österreich erhält die geltenden Arbeitsmarktbestimmungen für kroatische Staatsbürger bis zumindest 2015 aufrecht, danach ist eine Verlängerung bis 2018 möglich. Will Österreich darüber hinaus an den Bestimmungen festhalten, ist dies bis längstens 2020 nur dann möglich, wenn schwerwiegende Bedrohungen des Arbeitsmarktes nachgewiesen werden können. Ähnliches gilt auch für den Bereich der Dienstleistungsfreiheit.
Aufgrund der Warenverkehrsfreiheit werden in Zukunft keine Binnenzölle mehr eingehoben und daher auch keine Zollkontrollen an der Grenze mehr durchgeführt. Dies wird auch Österreich zugutekommen, da der Wegfall von Zöllen geringere Preise und ein erhöhtes Exportniveau zur Folge haben wird. Kroatien erfüllt jedoch noch nicht die Anforderungen des Schengen-Abkommens, sodass auch in absehbarer Zukunft Personenkontrollen an der Grenze durchgeführt werden.
Hermann Hansmann ist Partner bei PHHV Rechtsanwälte. www.phhv.at