Sloweniens Ministerpräsident Golob will die Grenzen seines Landes trotz gestiegener Migrantenzahlen offenhalten.
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Robert Golob hatte eine erfreuliche Botschaft parat - zumindest für österreichische Kroatien-Urlauber. Sein Land werde keine Kontrollen an der Grenze mit Kroatien einführen, verkündete der slowenische Ministerpräsident bei einem Besuch in Wien, dem ersten seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr. Dennoch wollte er am Dienstag die "rhetorische Frage" aufwerfen, was passieren würde, wenn Slowenien die heuer gestiegenen Migrationszahlen zum Anlass nehmen würde, österreichische Touristen bei ihrer Rückreise aus Kroatien zu kontrollieren. Die Antwort ist jedem klar: Die Staus auf der Autobahn beim samstäglichen Urlauberschichtwechsel wären noch unerträglicher.
Slowenien möchte aber eben keine Maßnahmen, die die eigene Bevölkerung oder "unsere Nachbarn" treffen, ohne überhaupt wirksam zu sein, meint Golob und betont, dass illegaler Migration auf andere Weise begegnet werden könne. Der Ministerpräsident verweist auf das "dänische Modell": Das Land habe die Kontrollen an der Grenze zu Deutschland aufgehoben und setze nun auf Überprüfungen im Hinterland.
Davon hält Österreich wenig. Stattdessen beharrt es auf Überwachung an Grenzübertritten zu Slowenien - und das seit Jahren. Dabei erlaubt die EU nur kurzfristige Einschränkungen in der Schengen-Zone, in der ansonsten Reisen ohne Kontrollen möglich ist. Dennoch hat Wien diese immer wieder verlängert, zuletzt im Mai um ein halbes Jahr.
Unmut in Brüssel
Das sorgt nicht nur in Ljubljana für Unmut, sondern auch in Brüssel. Die EU-Kommission leitete deswegen im Mai ein "Konsultationsverfahren" gegen Österreich und weitere EU-Staaten ein und drohte mit rechtlichen Schritten, sollten keine "klaren Zusagen" von Änderungen kommen.
Die kündigte Bundeskanzler Karl Nehammer nach dem Treffen mit seinem Amtskollegen aber keineswegs an. Lieber sprach er von den rund 18.000 Asylanträgen, die heuer gestellt worden seien. Erst wenn es gelinge, den Migrationsdruck zu reduzieren, ließe sich "darüber reden", die Kontrollen zu überprüfen.
Daran ändert nur wenig, dass die meisten Migranten über Slowenien nach Italien und nicht nach Österreich weiterziehen, wie Golob klarstellte. Kontrollen zu Italien wiederum zieht Österreich trotzdem nicht in Betracht.
Zwar räumt auch das Innenministerium in Wien ein, dass es kaum Aufgriffe illegal Eingewanderter an der österreichisch-slowenischen Grenze gibt. Doch ist nach Angaben des Ressorts die Zahl der illegalen Übertritte nach Slowenien Anfang Juni auf gut 16.000 gestiegen und hat sich so im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdreifacht.
Das wird wohl nicht zuletzt mit der Grenzöffnung zu Kroatien zu tun haben. Den Beitritt des EU-Landes zum Schengen-Raum Anfang des Jahres hat Österreich begrüßt - während es eine Aufnahme Bulgariens und Rumäniens seit Monaten blockiert.
Slowenisch in Kindergärten
Immerhin zeigte sich Nehammer bei einem anderen Thema kooperativ. Die Förderungsprogramme für die slowenische Minderheit sollen ausgebaut werden, sagte der Kanzler. Das hatte Golob zuvor als eines seiner Anliegen bezeichnet. "Wir müssen uns des Reichtums bewusst sein, den Volksgruppen bringen", konstatierte er: "Und die Sprache ist die Basis dafür."
Daher drängt Golob darauf, dass in Kärnten künftig auch in Kindergärten slowenisch verwendet wird. Außerdem fordert er eine Lösung für die Verwendung dieser Sprache an Bezirksgerichten in dem Bundesland. Wegen einer Gerichtszusammenlegung muss das nämlich neu geregelt werden. (czar)