Zum Hauptinhalt springen

Kroatisch als Sprachreichtum

Von Michael Ellenbogen

Politik

Bilinguale Klassen in Wiener Schulen vermitteln den Kindern die Chance, durch eine neue Sprache auch eine für sie bisher fremde Kultur kennen zu lernen. Doch das eigentliche Ziel dieser Ausbildung ist es nicht nur jungen Österreichern eine Fremdsprache zu vermitteln, sondern die Muttersprache jener Schüler, deren Familien in Wien eine neue Heimat gefunden haben, im Unterricht zu verankern.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Das Modell der bilingualen Klasse gibt es in Wien schon seit über 30 Jahren, bisher wurde Englisch, Französisch, Italienisch sowie Türkisch gelehrt. Seit Anfang September 2004 wird in der Europäischen Volksschule in Wien XV auch der Kroatischunterricht von der 1. Klasse beginnend, angeboten. Schüler aller Nationalitäten lernen gemeinsam mit Kindern kroatischer Herkunft deren Sprache.

Das gegenwärtige Unterrichtsmodell ermöglicht die intensivere Nutzung des muttersprachlichen Reichtums der Kinder. Mit dieser Ausbildungsform wird nicht nur die Muttersprache der Schüler gefördert, sondern auch deren soziales und kulturelles Umfeld. "Kinder des 15. Bezirkes, die dort unterrichtet werden, leben und lernen miteinander. Sie haben verschiedene Voraussetzungen und Talente, die wir fördern und weiterentwickeln wollen," stellt Manfred Pinterits, Bezirksschulinspektor für den 7. und 15. Bezirk fest, in dessen Zuständigkeitsbereich sich auch die nach Sir Karl Popper benannte Volksschule befindet.

"Die Förderung der Muttersprache ist sehr wichtig, auch im Bezug auf den Erwerb der Zweitsprache Deutsch," weiß Pinterits. Es gilt als erwiesen, dass die Förderung des Kindes auf diesem Gebiet für dessen Gesamtentwicklung maßgeblich ist. Eine Fortsetzung der zweisprachigen Ausbildung in der Hauptschule wäre aus diesem Grund besonders wichtig. "In der Mittelstufe könnte dieses Modell eine Fortführung in einigen Ausprägungen finden, allerdings nicht in einer Klasse, wie es in der Volksschule praktiziert wird," bestätigt der Bildungsfachmann.

Weitere Lernangebote

In der Fremdsprachenhauptschule Selzergasse wäre es möglich, Kroatisch als zweite lebende Sprache zu lehren. "Selbstverständlich werden wir diese Unterrichtsform auch den Eltern anbieten," versichert der leitende Beamte des Stadtschulrates für Wien. Doch im Gegensatz zur Volksschule, in dem der muttersprachliche Unterricht leichter integriert werden kann, müsste in der Hauptschule eine stärkere Konzentration auf das Unterrichtsfach Kroatisch erfolgen.

"Für eine bilinguale Klasse gibt es an sich eine Bedingung: Beide Lehrkräfte müssen beide Sprachen, also in diesem Fall sowohl Kroatisch als auch Deutsch beherrschen," unterstreicht Pinterits. Auch die Zusammenarbeit mit kroatischen Schulen wird angedacht. Es ist möglich, Partnerschaften einzugehen sowie den Austausch von Unterrichtsmaterial zu praktizieren. Ebenso sollen Lehrer aus Kroatien und Österreich gemeinsame Projekte planen.

Gegenwärtig gibt es in Österreich auch die Möglichkeit an einem Ergänzungsunterricht teilzunehmen, der in der Muttersprache Kroatisch abgehalten wird und vom Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Sport in Kroatien finanziert wird. Dieses Angebot besteht nicht nur für Kinder von Auslandskroaten, sondern auch für Kinder in deren Familien Kroatisch gesprochen wird. Auf diese Weise wird die Sprache von 6.400 Kindern in 19 Staaten von 92 Lehrern gefördert, die vom kroatischen Unterrichtsministerium ausgewählt und bezahlt werden.

"In diesem Ergänzungsunterricht werden den Kindern nicht nur Kenntnisse der kroatischen Sprache vermittelt, sondern es wird ihnen ebenso die Geschichte und Geographie des Landes, näher gebracht," weiß Sanja Süto, die zuständige Ministerialbeamtin.

In Wien gibt es seit 2002 für Kinder kroatischer Familien die Möglichkeit dem Ergänzungsunterricht beizuwohnen. "Gegenwärtig unterrichten wir 50 Schüler in 3 Klassen und einer Vorschulklasse," erzählt Perica Mijic, der nicht nur selber als Lehrer tätig ist, sondern auch den österreichisch-kroatischen Kulturverein "Anno '93" leitet.

- Europäische Volksschule - "Sir Karl Popper-Schule; Edith Fritsch; Tel./Fax: 01/98 234 03; http://www.popper4u.at .

- Kroatischer Ergänzungsunterricht: "Anno '93"; Perica Mijic; Tel./Fax 01/983-00-61; perica.mijic@utanet.at