Von politischen Spannungen zwischen ihren Ländern lassen sich die Unternehmer auf dem Balkan selten aufhalten. Doch bei einigen Themen gibt es kein Pardon.
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Ivica Todoric ist ein reicher Mann. Einer der reichsten in Kroatien und darüber hinaus. Und er setzt auf die Serben, in der Wirtschaft wie auch im Sport. Denn die Kroaten spielen diesmal gar nicht mit. Daher ist Todorics Unternehmen nun einer der Sponsoren der serbischen Nationalmannschaft, die es - anders als die Kroaten - bis zur Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika geschafft hat.
Todoric, der vom Blumenzüchter und -händler zum Besitzer eines Lebensmittelkonzerns mit Milliardenumsätzen wurde, ist nicht der einzige Kroate, der serbische Sportler unterstützt. So sponsert ein kroatisches Bauunternehmen serbische Handballer.
Es ist nur ein Teil des Geldes, das von Kroatien nach Serbien fließt. Die Firmeninvestitionen im Nachbarland machten im Vorjahr fast 519 Millionen Euro aus, rechnet die Zeitung "Croatian Times" vor. Und Serbien ist eines der wenigen europäischen Länder, die Kroatien einen Handelsüberschuss bescheren.
Von den politischen Zwistigkeiten zwischen den Ländern, die einst Jugoslawien gebildet haben, lässt sich die Wirtschaft in der Region selten beeindrucken. Ob der nun so gut wie beigelegte Grenzstreit zwischen Kroatien und Slowenien, das Ringen um eine Anerkennung des Kosovo als eigenständigen Staat oder Debatten über Abspaltungen in Bosnien-Herzegowina - von all dem lassen sich kroatische, slowenische, serbische und bosnische Unternehmen kaum aufhalten.
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Eine der erstaunlichsten Kooperationen fand nun dennoch auf politischer Ebene statt. Die Verteidigungsminister Serbiens und Kroatiens haben ein Abkommen zur militärischen Zusammenarbeit unterzeichnet. Zwar haben Männer beider Nationen schon in der Vergangenheit im selben Staatenbund in der Armee gedient, doch noch vor 15 Jahren standen sie an bosnischen Fronten einander gegenüber. Die Wunden, die der Zerfall Jugoslawiens gerissen hat, sind tief: Bis heute beschäftigt das Schicksal Vermisster die Öffentlichkeit, sind nicht alle Fragen zur Rückkehr von Flüchtlingen oder der Rückgabe von Eigentum geklärt, sind Kriegsveteranen eine Gruppe, die kaum ein um Wahlstimmen ringender Politiker unberücksichtigt lassen darf.
Doch nun wollen die Länder im Verteidigungsbereich kooperieren. Serbien will dabei die Erfahrungen Kroatiens nutzen. Dieses ist seit dem Vorjahr Mitglied des Militärbündnisses Nato, und Serbien hat erst die Vorstufe dazu erreicht: Es ist Teil der "Partnerschaft für den Frieden".
Und auch bei dieser Zusammenarbeit spielt Wirtschaft eine Rolle. Die Rüstungsindustrien der Nachbarn ergänzten sich gut, befanden die Verteidigungsminister. Belgrad will heuer seine Einnahmen im Rüstungssektor auf rund eine Milliarde US-Dollar steigern. Serbien lieferte zuletzt vor allem an den Irak, Libyen, die USA und Birma.
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Doch bei einigen Themen gibt es kein Pardon. So wetterte das serbische Magazin "Press" vor kurzem gegen eine kroatische Provokation - und das ausgerechnet in einer Werbung, die es Serben schmackhaft machen soll, ins Nachbarland zu reisen. Die kroatische Tourismusbehörde preist nämlich die 1244 Inseln des Staates. Und das ist eine Zahl, die Serben gar nicht gefällt: Mit ihr wurde die UN-Resolution beziffert, die die Autonomie des Kosovo anerkennt, was Belgrad wiederum vehement ablehnt.
Dabei ist nicht einmal klar, wie viele Inseln Kroatien tatsächlich hat. Einige Quellen sprechen von 1244, andere von 1246, wieder andere von 1233. Politische Implikationen will die Tourismusbehörde jedenfalls nicht abgeleitet wissen.