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Krumme gegen gerade Banane: USA eröffnen Handelskrieg

Von Christiane Oelrich

Wirtschaft

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Warum ist die Banane nur so krumm?, fragen sich Verbraucher in europäischen Supermärkten angesichts der kleinen Früchte aus der Karibik und aus Afrika. Sie greifen trotzdem lieber zu den großen,

festen Bananen mit dem bekannten Markenzeichen. Die gäbe es viel billiger, wenn die EU diese sogenannten Dollarbananen nicht mit so hohen Zöllen belegen würde. Doch Brüssel will den Verbrauchern aus

Solidarität mit den Bananen-Anbauern in ehemaligen europäischen Kolonien die kleinen Früchte schmackhaft machen.

Das ist den großen amerikanischen Handelsfirmen ein Dorn im Auge. Sie handeln mit den diskriminierten Bananen aus Mittel- und Südamerika. Im Kampf für die Interessen ihrer Exportunternehmen gehen die

USA bis zum Äußersten: Am Mittwoch wurde der Handelskrieg erklärt.

Das amerikanische Handelsministerium ordnete den vorläufigen Einzug von 100% Strafzöllen auf einige europäische Produkte an. Das Geld soll auf ein Sperrkonto überwiesen werden, bis die

Welthandelsorganisation (WTO) in Genf über die Rechtmäßigkeit der Sanktionen entschieden hat.

Betroffen sind Apfelsaft und Badesalz, Wäsche und Kaffeemaschinen aus Europa im Gesamtwert von 500 Mill. Dollar (458,8 Mill. Euro/6,3 Mrd. Schilling). Soviel Geld hätten die US-Handelshäuser

verloren, argumentieren die Amerikaner. Bis 1992 lieferte etwa der US-Handelsriese Chiquita, der größte Bananenhändler der Welt, 40% der europäischen Bananenimporte. Mit der EU-Bananen-Marktordnung

sei sein Geschäft um die Hälfte geschrumpft.

Europäische Exporteure sollen nach dem Willen der Amerikaner nun genauso bluten. Die Strafzölle verdoppeln die Preise und machen die Waren auf dem US-Markt praktisch unverkäuflich. Es sei an der

Zeit, daß die EU Konsequenzen zu spüren bekomme, wenn sie WTO-Verpflichtungen mißachte, meint das Handelsministerium in Washington. Die EU-Kommission ist empört. Doch Genfer Handelsdiplomaten zeigen

Verständnis für die Amerikaner.

Mit immer neuen prozeduralen Spielchen und Verfahrenstricks habe die EU sich bisher geweigert, den Bananenmarkt zu öffnen. Dies, obwohl der WTO-Vorläufer GATT die Bananen-Marktordnung zweimal

kritisierte und die WTO Änderungen verlangte. Was die EU dann präsentierte, wird von vielen Kennern als Kosmetik abgetan. "Die EU hat einen Handelsstreit mit den USA angezettelt, den sie kaum

gewinnen kann", schrieb ein Zeitungskommentator. Die meisten sind sich einig, daß auch das neue Einfuhrregime, das seit Jänner gilt, vor den Schiedsrichtern der WTO nicht besteht. Am 6. April wollen

sie ihre Entscheidung fällen.

Daß die USA diese Entscheidung vor Verhängung der Strafzölle nicht abgewartet haben, stößt allerdings selbst bei sympathisierenden Bananenkennern auf Kritik. Der Umfang der Produktpalette ist

umstritten. Die Frage, ob solche Strafzölle überhaupt rechtens sind, klärt auf Antrag der EU inzwischen ein anderes WTO-Schiedsgericht.

Die EU-Bananen-Marktordnung bevorzugt Bananen aus den ehemaligen Kolonien Frankreichs und Großbritanniens in der Karibik, Afrika und im Pazifik. Sie machen nur 3% des weltweiten Bananen-Exports aus,

aber 20% des Imports in der EU. Der Anbau der Früchte ist in den betroffenen Staaten teurer als anderswo. Auf dem Weltmarkt wären die Bananen ohne die Hilfestellung der EU nicht wettbewerbsfähig.