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KSV-Chef fordert Aus für Lehrlingsförderung

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Lehrlingsförderung: Profitieren die Lehrlinge selbst davon?

Kantner zweifelt an Sinnhaftigkeit der Förderung - Wirtschaftskammer verteidigt die Unterstützung.


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Wien. "Die Lehrlingsförderung kostet viel, bewirkt aber nichts", kritisiert Hans-Georg Kantner vom Gläubigerschutzverband KSV1870. Der Insolvenzexperte fordert eine Abschaffung der Unterstützung, die über den Insolvenzentgeltfonds (IEF) ausgezahlt wird. Hier wäre aus Sicht von Kantner der richtige Punkt, um die zuletzt viel diskutierten Lohnnebenkosten zu senken.

Die Förderung ist für Kantner ein rotes Tuch, weil sie über Einnahmen des Insolvenzentgeltfonds läuft. Der IEF sorgt nicht nur dafür, dass Arbeitnehmer ausständige Löhne und Gehälter erhalten, wenn ihr Arbeitgeber insolvent wird. Auch die betriebliche Lehrlingsförderung wird aus Fondsmitteln finanziert. Das Geld dafür stammt hauptsächlich aus Dienstgeberbeiträgen: Unternehmen zahlen pro Arbeitnehmer 0,45 Prozent der Lohnsumme ein. Bis Ende 2014 lag der Prozentsatz noch bei 0,55 Prozent.

"Lehrherren fördern sich grosso modo selbst"

Aus Sicht von Kantner könnte allerdings der gesamte Anteil, den die Dienstgeber für die Lehrlingsförderung zahlen - also 0,2 Prozent oder rund 160 Millionen jährlich - gestrichen werden, um Unternehmen zu entlasten. Demnach wurden von den IEF-Einnahmen in Höhe von 490 Millionen Euro im Vorjahr 236 Millionen an von Insolvenzen betroffene Dienstnehmer ausgezahlt, 166 Millionen Euro flossen in die Lehrlingsförderung. Für die Absicherung der von Arbeitgeber-Pleiten betroffenen Dienstnehmer seien bei den aktuellen Insolvenzzahlen 0,25 Prozent an Dienstgeberbeitrag ausreichend, so Kantner.

Der Insolvenzexperte zweifelt auch an der Sinnhaftigkeit der Förderung: "Kein Unternehmen nimmt einen Lehrling auf, weil er mit ein paar hundert Euro subventioniert wird. Die Lehrherren fördern sich grosso modo selbst." Die Basisförderung beträgt drei Lehrlingsentschädigungen im ersten Lehrjahr, zwei Lehrlingsentschädigungen im zweiten sowie eine Lehrlingsentschädigung im dritten und vierten Lehrjahr (entsprechend dem kollektivvertraglichen Satz beziehungsweise einem Referenzwert). Würde das Geld aus dem Budget für Arbeitsmarktförderung kommen, ginge das für Kantner allerdings in Ordnung.

Wirtschaftskammer wickelt Lehrlingsförderung ab

Die Erwartung Kantners, dass es aufgrund eines Streichens der Förderung nicht weniger Lehrlinge geben wird, teilt Alfred Freundlinger von der Abteilung Bildungspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) nicht: "Die Basis-Lehrlingsförderung wird von den Unternehmen als Anerkennung gesehen. Würde diese wegfallen, hätte das sicher einen Effekt." Fast alle Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, nehmen die Förderung in Anspruch. Mehr als 120.000 junge Menschen befinden sich in einer Lehrausbildung. Die Lehrlingszahlen gehen allerdings seit Jahren aus demografischen Gründen zurück.

Kantner merkte kritisch an, dass die WKO Inhouse GmbH, die als Service-Center für die Wirtschaftskammerorganisation und die Lehrlingsstellen fungiert, mit der Administration der Förderung beauftragt ist. Laut Freundlinger ist der Abwicklungsaufwand im Verhältnis zum Fördervolumen "vertretbar" und liegt bei drei bis vier Prozent der Fördersumme.

Zwar sei es aus Sicht der Wirtschaftskammer wünschenswert, dass die Lohnnebenkosten sinken. Allerdings mache die Förderung aus bildungspolitischer Sicht Sinn. Der Schwerpunkt liege zurzeit darauf, dass mehr Jugendliche ihre Abschlussprüfung schaffen. Die Lehrlingsförderung sei eine sinnvolle Umlage von allen Dienstgebern zu jenen, die Lehrlinge ausbilden. Zur Wirksamkeit der Förderung habe das Wirtschaftsministerium eine Evaluierung in Auftrag gegeben.