Im Mai, wenn der letzte behördliche Sanktus für die Übernahme erteilt ist, will die Bawag unter ihrem Neo-Eigentümer, dem US-Fonds Cerberus, endlich durchstarten. Mit dem Aufbruch in eine neue Zukunft soll ein endgültiger Schlussstrich unter das Kapitel der folgenschweren Finanzskandale gezogen werden.
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Den Beginn der vielversprechenden Reise hat sich Bank-General Ewald Nowotny aber wohl anders vorgestellt. Seit bekannt ist, dass die Bawag ihre Geschäftsbeziehungen zu kubanischen Kunden kappt (und auch zu Firmenkunden, die im Iran tätig sind), steht die Hausbank der Republik am Pranger der Öffentlichkeit.
Cerberus, von dem diese Anweisungen gekommen sind, hat damit medial viel Staub aufgewirbelt und der fünftgrößten Bank des Landes einen veritablen Imageschaden zugefügt, der den geplanten Neustart nicht gerade erleichert.
Grundsätzlich kann zwar jedes Geldinstitut in Österreich Kunden die Geschäftsbeziehung ohne nähere Angabe von Gründen kündigen (das ist rechtens, weil es im Regelfall in den Geschäftsbedingungen so festgehalten ist). In der Praxis herrscht bei den Banken jedoch das "Gleichheitsprinzip". Kein Kunde, so versichern große heimische Banken, die sich allesamt als internationale Spieler sehen, wird auf Grund seiner Herkunft oder Staatsbürgerschaft ausgegrenzt.
Cerberus selbst sind rein rechtlich die Hände gebunden. Mit der jetzigen Maßnahme, rund 100 kubanische Bawag-Kunden auszumustern, leisten sie dem amerikanischen Helms-Burton-Gesetz Folge, das US-Amerikanern, die seinerzeit vom kubanischen Staat enteignet wurden, seit 1996 das Recht einräumt, Personen und Unternehmen zu klagen, die den beschlagnahmten Besitz nutzen. Gegen Investoren kann ebenso Klage erhoben werden.
Würde sich der "Höllen hund" im Fall Bawag anders verhalten, würde er sich der Gefahr aussetzen, eine Prozesslawine in den USA loszutreten. Cerberus kann und will sich das nicht leisten. Denn die Bawag verschlingt immerhin eine Mega-Investition von 3,2 Milliarden Euro. Mit ehrgeizigen Geschäftsstrategien soll diese Investition bis zum Ende des Tages vervielfacht werden. Da ist ein durchaus mögliches rechtliches Störfeuer höchst unerwünscht und den ambitionierten Zielen für die bisherige ÖGB-Bank hinderlich.
Absurd ist das, was hinter der von den USA verfügten Ausgrenzung von Menschen bestimmter Nationalität steht, dennoch. Wo endet diese Ausgrenzungspolitik, mag sich mancher fragen. Neben Kuba werden auch Syrien, der Iran und andere Länder, die politisch nicht opportun erscheinen, von den USA nicht zum internationalen Freundeskreis gezählt.
Das sorgt immer wieder für einigermaßen wunderliche Blüten. "Einem kubanischen Schüler, der einen weltweiten Zeichenwettbewerb der Unesco gewinnt, wird der Hauptpreis, eine japanische Digitalkamera, von Nikkon verweigert, weil Sanktionen drohen", so die Österreich-Kubanische Gesellschaft. Seite 27