)
Der Gipfel-Zirkus der Globalisierung machte am Wochenende in Guadalajara/Mexiko halt - mit Staatschefs und Globalisierungsgegnern, massiver Polizeipräsenz und Demonstrationen mit 77 Verletzten, Festessen und Arbeitsgesprächen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Über den Erfolg des dritten Gipfel zwischen Europäischer Union und den lateinamerikanischen Staaten sind die Meinungen geteilt.
Der kubanische Revolutionsführer Fidel Castro hatte schon zuvor angekündigt, nicht nach Guadalajara zu kommen. Dennoch beherrschten die von Kuba - vertreten durch ihren Kanzler Felipe Pérez Roque - angestoßenen Debatten über die nicht teilnehmenden USA den Gipfel. Um einen Konsens der Schlussdeklaration zum Thema Multilateralismus musste lange gerungen werden.
Die lateinamerikanischen Delegationen, allen voran Kuba, wollten eine explizite Verurteilung der USA bezüglich der von amerikanischen Soldaten begangenen Vergehen und Folterungen an irakischen Soldaten und dem verstärkten Embargo gegenüber Kuba. Die europäischen Delegationen stimmten dagegen. In der Schlussdeklaration von Guadalajara gibt es nun einen Paragrafen, der die Folter von Kriegsgefangenen verurteilt, ohne jedoch die USA namentlich zu nennen.
Gegen das soziale Elend in Lateinamerika, wurde auf dem Gipfel das Programm EUROsociaAL, dotiert mit 30 Millionen Euro, präsentiert. Für Alejandro Villamar, von der Gegenkonferenz der Nichtregierungsorganisationen, die an der Universität von Guadalajara stattfand, sind das nur Almosen. Entscheidender seien die Verhandlungen um Handelsverträge zwischen EU und der südamerikanischen Ländergruppe Mercosur. Die Gipfelgespräche wären nur hübsche Verpackung. EU und Mercosur einigten sich auf dem Gipfel, dass die Verhandlungen für einen Freihandelsvertrag zwischen den beiden Blöcken bis zum Oktober 2004 abgeschlossen sein sollen, entgegen den scheinbar unüberbrückbaren Gegensätzen beider Seiten. "Die Ankündigung dieses Datums soll die gescheiterte Politik von EU-Handelskommissar Pascal Lamy nur verdecken. Er überlässt die heiße Kartoffel seinem Nachfolger", so Villamar. Der Tenor der Globalisierungskritiker war, dass die mit "guten Absichten" geschmückten Handelsverträge der EU keine Alternative zu den Bestrebungen der USA, Nord- und Südamerika über eine Freihandelszone (FTAA-ALCA) zu verbinden, darstellen. Für die Globalisierungsgegner macht es keinen Unterschied, ob in Hinkunft europäische oder US-amerikanische Großkonzerne von Freihandelsverträgen profitieren.
Nach der Abreise der Staatschefs kehrte in das durch eine Polizei-Armee abgeriegelte Stadtzentrum wieder das übliche Treiben. 2006 kommt der der EU-lateinamerikanische Gipfel-Zirkus nach Wien.