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In der ostkubanischen Stadt Santiago gehörte Bacardi einst zu den alteingesessenen Familien. 1862 gründete dort der spanische Einwanderer Facundo Bacardi eine Rumfabrik, die später zu Weltruhm | gelangte. Nach der kubanischen Revolution 1959 und der Enteignung ein Jahr später setzte die Firma ihre Aktivitäten von Puerto Rico, Mexiko und Brasilien aus fort. Heute trägt in Santiago de Cuba nur | noch ein Kunstmuseum den Namen Bacardi.
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40 Jahre nach der Machtübernahme Fidel Castros in Kuba ist jetzt ein Rechtsstreit zwischen der kubanischen Regierung und Bacardi ausgebrochen. Kuba wehrt sich dagegen, daß Bacardi seit einigen
Jahren in den USA einen Rum unter dem Namen "Havana Club" vertreibt.
Denn die Rechte an dem Namen gehören auf internationaler Ebene der Havana Club Holding, einem Gemeinschaftsunternehmen einer kubanischen Staatsfirma mit der französischen Pernod Ricard. Die
Europäische Union hat sich jetzt auf die Seite Kubas gestellt und eine Klage vor der Welthandelsorganisation (WTO) angekündigt.
Wegen des seit 1962 geltenden Handelsembargos darf kubanischer Rum in den USA nicht verkauft werden. Dennoch galt bis vor kurzem für kubanische Markennamen auch in den USA der übliche Schutz. Doch
nach einem im vorigen Jahr verabschiedeten Gesetz, bekannt unter dem Namen "section 211", kann dieser aufgehoben werden, wenn diese Marken einst Firmen gehörten, die nach der Revolution in Kuba
verstaatlicht wurden -wie es bei der ursprünglichen Firma "Havana Club" der Fall war, die der Familie Arechabala gehörte.
Diese Familie verkaufte den Namen Presseberichten zufolge 1995 an Bacardi · was sie nach Ansicht Pernod Ricards gar nicht durfte, weil ihre Rechte schon in den siebziger Jahren erloschen und nicht
erneuert worden seien. Ein New Yorker Richter entschied aber im April dieses Jahres zugunsten von Bacardi und berief sich dabei auf das neue Gesetz. Die kubanische Seite verweist darauf, daß dieses
Gesetz erst nach Beginn des Rechtsstreits verabschiedet wurde.
Nach Ansicht der EU verstößt das neue amerikanische Gesetz gegen die WTO-Regeln, weil kubanische Firmen einseitig diskriminiert würden.
Es ist nicht das erste Mal, daß Brüssel und Washington wegen Kuba aneinandergeraten. So hatte die EU auch das 1996 vom US-Kongreß verabschiedete Helms-Burton-Gesetz beanstandet, nach dem Unternehmen
sanktioniert werden können, die bei Geschäften auf Kuba früheres amerikanisches Eigentum benutzen.
Innerhalb der amerikanischen Wirtschaft findet Bacardi wenig Unterstützung. Die amerikanische Handelskammer, die anders als der Kongreß für eine Aufhebung des Wirtschaftsembargos eintritt, befürchtet
auch, daß Kuba zu Vergeltungsmaßnahmen schreiten könnte. Staats- und Parteichef Fidel Castro hat dergleichen schon angedeutet: "Ich hoffe, es wird sich niemand beschweren, wenn wir hier eines Tages
beginnen, Coca-Cola zu produzieren, und auf die Dosen schreiben wir dann ,Coca-Cola Cubana`".