Keineswegs alle Arten der Familie der Kuckucksvögel sind reine Schmarotzer.
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Wien. Einem beliebten Lied zufolge kündet sein Ruf aus dem Wald den Frühling an. Doch für den Kuckuck hat sich auch die negative Bezeichnung "Brutparasit" eingebürgert, da dieser Vogel seine Eier in fremde Nester legt. Diese Bezeichnung greift aber, nicht nur, weil nur 50 der 140 Arten von Kuckucksvögeln (Cuculiformes) so vorgehen, zu kurz. Es kommt auch vor, dass im fremden Nest aufgewachsene Kuckuckskinder die Jungen der Wirtsfamilie nicht wie der mitteleuropäische Kuckuck (Cuculus canorus) aus dem Nest werfen, sondern wie eine Art Bodyguard beschützen.
Zu dieser Erkenntnis gelangte ein Forscherteam um Daniela Canestrari von der Universität Oviedo in Spanien. Ihre Studie beruht auf 16 Jahren Beobachtung des im Mittelmeerraum verbreiteten Häherkuckucks (Clamator glandarius), der im Gegensatz zum Cuculus canorus seine Eier nur in Nester von Rabenvögeln, nämlich von Aaskrähen (Corvus corone), legt.
Dabei gehen Männchen und Weibchen als Komplizen vor: Das Männchen lenkt die Aaskräheneltern ab, während das Weibchen ein Ei aus dem Nest gegen ihr eigenes umtauscht. Das Kuckucksjunge lässt seine Patchwork-Geschwister, denen es in der Gefiederfarbe sehr ähnelt, in Ruhe und ahmt sogar deren Bettelrufe nach.
Die spanischen Forscher verglichen Aaskrähennester mit und ohne Kuckuckskinder und stellten fest, dass der Bruterfolg mit einem Kuckuckskind größer war. Denn, so fanden die Experten heraus, Häherkuckucks-Küken verfügen über eine Waffe: Sie sondern ein Sekret ab, das auf räuberische Säugetiere wie Katzen und Raubvögel abstoßend wirkt, ein Gemisch aus Säuren, Phenolen und schwefelhaltigen Verbindungen. Ist der Räuberdruck gering, fällt der positive Effekt allerdings weg.
Nutzen für beide Arten
Das Fazit der Forscher lautet, dass Beziehungen zwischen Tierarten oft komplexer sind, als es auf den ersten Blick erscheint. Im Fall von Häherkuckuck und Aaskrähe verschwimmen die Grenzen zwischen Parasitismus und Mutualismus. Unter Mutualismus versteht man in der Ökologie eine Wechselbeziehung zwischen Lebewesen zweier Arten, aus der beide Partner Nutzen ziehen.