Kulterer-Anwalt Böhmdorfer: Entscheidung ist "Riesenerfolg". | Staatsanwaltschaft betont, dass immer noch dringender Tatverdacht besteht. | Wien. Knalleffekt in der Causa Hypo Alpe Adria: Wie die "Wiener Zeitung" exklusiv erfahren hat, könnte Ex-Bankchef Wolfgang Kulterer, der seit Mitte August in Untersuchungshaft sitzt, bald wieder auf freien Fuß kommen.
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Das Oberlandesgericht (OLG) Graz hat am Mittwoch entschieden, dass der wegen Untreue und Falschaussage angeklagte ehemalige Banker gegen Hinterlegung einer Kaution von 500.000 Euro aus der Haft zu entlassen wäre.
Kulterers Anwälte hatten beim OLG Graz Beschwerde gegen die U-Haft eingelegt. Ihrer Argumentation ist man dort nun zumindest teilweise gefolgt. Laut dem Sprecher des Landesgerichts, Ulrich Leitner, wird nur noch vom Haftgrund der Fluchtgefahr ausgegangen. Ursprünglich war Kulterer auch Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr unterstellt worden. Die Verdunkelungsgefahr ist nach einer gesetzlichen Frist von zwei Monaten ab U-Haft-Beginn automatisch weggefallen. Die Tatbegehungsgefahr sei nicht mehr gegeben, da Kulterer keine entsprechenden Funktionen - etwa im Bankbereich - mehr ausübt, heißt es nun.
Entscheidung bindend
Dass Kulterer als Geschäftsmann tätig ist, reicht also nicht aus, um eine konkrete Tatbegehungsgefahr anzunehmen. Was die Fluchtgefahr betrifft, kann diese laut Leitner durch "gelindere Mittel" als die U-Haft abgefedert werden - eben die Kaution in Verbindung mit "den üblichen Gelöbnisse". Möglicherweise darf Kulterer also das Land nicht verlassen.
Dieter Böhmdorfer, Ex-Justizminister und Anwalt des ehemaligen Hypo-Chefs, sprach am Mittwoch in einer ersten Stellungnahme gegenüber der "Wiener Zeitung" von einem "Riesenerfolg". Man hätte auf die Kaution auch verzichten können, meint Böhmdorfer. Die 500.000 Euro würden sich jedoch durchaus im üblichen Rahmen bewegen. Ob Kulterer die Kaution bezahlen wird, habe er mit seinem Mandanten noch nicht besprechen können, so Böhmdorfer. Der Ex-Bankchef hat zuletzt über seine Anwälte wissen lassen, praktisch mittellos zu sein. Laut Böhmdorfer ist es jedoch "fast normal", dass man sich in einer solchen Situation "an andere Menschen wendet".
Seitens der Staatsanwaltschaft Klagenfurt bestätigt man, dass die Entscheidung des OLG Graz bindend sei. Helmut Jamnig, Sprecher der Staatsanwaltschaft, weist jedoch darauf hin, dass auch das Oberlandesgericht von einem dringenden Tatverdacht ausgeht.
Prozessauftakt am Donnerstag
Konkret wird Kulterer Untreue in Zusammenhang mit Kreditvergaben an die pleitegegangene Fluglinie Styrian Spirit und an den Privatdetektiv Dietmar Guggenbichler vorgeworfen. Außerdem soll er im Hypo-Untersuchungsausschuss des Kärntner Landtags eine Falschaussage getätigt haben. Vor wenigen Tagen hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt diesbezüglich eine Anklage eingebracht. Der ehemalige Bankchef bestreitet die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.
Mit der Causa Styrian Spirit startet für Kulterer und andere ehemalige Hypo-Manager übrigens bereits heute, Donnerstag, der erwartete Reigen an Gerichtsverfahren: Ungeachtet des Strafverfahrens hat die Hypo nämlich eine Schadenersatzklage gegen ihren ehemaligen Konzernchef, gegen den früheren Hypo-Österreich-Chef Gert Xander und einen weiteren ehemaligen Hypo-Mitarbeiter eingebracht.
Ihnen wird vorgeworfen, der Airline im Herbst 2005 ohne ausreichende Sicherheiten einen Kredit von zwei Millionen Euro gewährt zu haben - für alle gilt die Unschuldsvermutung. Möglicherweise unterbricht der Richter das Verfahren, bis im Strafverfahren ein rechtskräftiges Urteil vorliegt.
Da dies Jahre dauern könnte, hat sich die Hypo gegen eine solche Vorgehensweise ausgesprochen. Außerdem würde im Strafverfahren nur vorsätzliches Fehlverhalten geahndet, während im Schadenersatzprozess auch Fahrlässigkeit eine Rolle spielen kann.