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Kultivierte Erinnerung

Von Stefanie Holzer

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Das österreichische Fernsehen und Radio sind wichtig, weil sie das Österreichische an sich bewahren und zugleich weiterentwickeln helfen, so mahnt man allenthalben, wenn bisweilen die Kritik am ORF zu heftig zu werden droht. Trotz des pädagogischen Untertons ist zu sagen: das ist richtig. Sendeformen, die speziell Österreichisches auf eigene Weise transportieren, machen die identitätsstiftende Kraft des ORF aus. Solche Sendungen sind nicht nur Sepp Forchers "Klingendes Österreich" oder "Mei liabste Weis" mit Franz Posch im Fernsehen, sondern vor allem Radiosendungen wie "Du holde Kunst" und "Pasticcio" auf Ö1.

Kürzlich hat der Komponist Paul Angerer dem "Pasticcio" zu höchsten Weihen verholfen. Er würdigte den zehnten Todestag des scharfzüngigen Hans Weigel. Angerer las unter vielen anderen witzigen Weigel-Stellen eine vor, die im Gedächtnis blieb: Kritiker Weigel hat anlässlich einer Aufführung in Salzburg einmal geschrieben, die zu Gehör gebrachte Musik des Komponisten Angerer sei "schiach" gewesen. In solchen Momenten ist die Rede von der Kulturnation keine Behauptung, sondern Wahrheit. Die Musik und das Schreiben wurden durch eine der wichtigsten Dinge, nämlich die kultivierte Erinnerung, verbunden.

Unter diesem Aspekt möge man in den Archiven stöbern: Wenn, wie behauptet wird, heute kein Geld für die Dramatisierung und Verfilmung von Romanen da ist, dann sollte in den Kellern Nachschau gehalten werden. Dort lagern so viele (österreichische) Juwele, dass sich eine prächtige Programmkette draus machen ließe.