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Es ist ein Krampf mit der Kultur. Dass der ORF sie seit Jahren zu nachtschlafener Zeit in seinem montäglichen Ghetto "Kulturmontag" versteckt, ist schlimm genug. Doch auch die Sendung selbst, die durchaus als Symbiose aus Anspruch und Unterhaltung funktionieren könnte, hatte zuletzt Schwierigkeiten, ein stringent spannendes Programm darzureichen. Vor zwei Wochen etwa ruderte Präsentatorin Nadja Bernhard beim Interview mit David Schalko und Nicholas Ofczarek fürchterlich unsicher durch einen gestelzten Fragenparcour, und den damals soeben in Venedig ausgezeichneten Ulrich Seidl, den man ins Studio gebeten hatte, fertigte sie mit gefühlten drei Fragen in zwei Minuten ab. Dabei hätte Seidl einiges zu berichten gewusst, nachdem man ihn in Italien wegen Blasphemie in seinem Film "Paradies: Glaube" angezeigt hatte. Merke: Kultur ist super, wenn man sie nur entsprechend herzeigen würde. Anfang dieser Woche hingegen hat Martin Traxl viel zu ausführlich mit dem französischen Autor Régis Jauffret geplaudert, der zu seinem "Skandalbuch" "Claustria" über die Machenschaften von Josef Fritzl aber nicht wirklich was zu sagen hatte und in derben Österreich-Klischees erstarrte.
Ein bisschen hatte man sich da in letzter Zeit also schon im Agenda Setting vergriffen; so gelangt die Kultur vermutlich kaum ins Bewusstsein der Österreicher. Wahrscheinlich nicht einmal in jenes der nur knapp 200.000 Zuschauer des "Kulturmontag".