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Kulturflatrate: Königsweg aus der Illegalität oder asoziale Maßnahme?

Von WZ-Korrespondentin Katja Fenkart

Wirtschaft

Pauschalabgabe wird nicht nur in der Schweiz diskutiert. | St. Gallen. Wer in Zukunft Lieder und Filme aus dem Internet herunterlädt, muss vielleicht nicht mehr fürchten, im Gefängnis zu landen. Das Modell einer Kulturflatrate sieht nämlich eine Grundgebühr vor, die pauschal sämtliche heruntergeladenen Daten vergütet. In der Schweiz wirft die im Sommer gegründete Piratenpartei das Konzept in den Raum, in Deutschland tritt Attac für eine Einführung ein. Die Vergütungsindustrie debattiert heiß.


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Die Idee erinnert an die Radio- und TV-Gebühren, die qualitativ hochwertiges öffentlich-rechtliches Fernsehen finanzieren sollen, und bei diesem Vergleich wird deutlich, wie viel Diskussionsstoff im Modell der Kulturflatrate für das Internet liegt. Es wäre eine Lösung, bei der jeden Monat eine Pauschalabgabe gezahlt werden müsste.

Diskutiert wird eine Gebühr von fünf Euro (sieben Franken). Im Gegenzug dürften die Nutzer so viele online verbreitete Kulturprodukte aus dem Internet herunterladen, wie sie speichern können. Dazu zählen etwa Musikstücke, Videos oder Bücher. Die Erträge würden in der Folge als Entlohnung an die Produzenten verteilt. Der kulturellen Vielfalt soll das gut tun.

In Deutschland setzt sich das Netzwerk Attac dezidiert für die Einführung einer solchen Kulturflatrate ein. Mitbegründer Oliver Moldenhauer: "Mit der Flatrate werden nicht weiterhin hunderttausende User kriminalisiert." In Österreich und der Schweiz wird diskutiert, doch bei den noch ungeklärten Fragen überwiegt die Vorsicht. So auch beim Vorsitzenden der Schweizer Piratenpartei, Denis Simonet: "Viele sind skeptisch, ob sich dieses Modell überhaupt durchsetzen lässt. Die Kulturflatrate wird nicht als einzige Option diskutiert."

Verteuerung vonInternet-Anschlüssen

Das Hauptproblem liegt laut Martin Wüthrich von der Schweizer Verwertungsgesellschaft Suisa in der Gleichheit des Modells: "Eine Pauschalvergütung bedeutet, dass sie nur lohnt, wenn sie von allen gezahlt wird - auch von Usern, die kaum herunterladen." Sprich: Egal, ob täglich Filme oder Musikalben gesaugt werden oder der Internetanschluss nur dem Mailverkehr dient, jeder müsste dasselbe zahlen. Zudem könnte eine Pauschale auch zur Folge haben, dass Internetanschlüsse teurer werden, so Peter Hettich, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität St. Gallen: "Unter einer Verteuerung der Internetanschlüsse könnte die Zahl der Breitbandanschlüsse leiden. Vor allem für ärmere Schichten wäre das Internet weniger erschwinglich." Das wäre die Kehrseite der Gleichheitsmedaille einer Kulturflatrate.

Mengenabhängige Lösungen sind laut Lena-Lisa Wüstendörfer, Mitarbeiterin am musikwissenschaftlichen Institut der Universität Basel, somit immer noch im Vorteil: "Ich sehe in legalen Download-Portalen wie iTunes eine geeignetere Lösung, da sich hier die Kosten nach dem Konsum richten." Doch auch hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten der Manipulation.

Um die Illegalisierung der Internetnutzer-Generation zu vermeiden, wird die Kulturflatrate als Thema noch häufig auf den Tisch kommen. Sogar die Schweizer Piratenpartei gibt sich hier kompromissbereit, also scheint eine Lösung nicht ausgeschlossen. Auch Piraten-Vorsitzender Simonet weiß, was jetzt nötig ist: Der Dialog zwischen Künstlern und Konsumenten.