Mit dem verlorenen Novum-Prozess ging die KPÖ ihres Vermögens verlustig: Seither wird in der Mini-Partei gestritten - immer wieder hört man Spaltungsgerüchte. Gestern trat der langjährige KP-Vorsitzende Walter Baier vor die Öffentlichkeit, um seine Vorschläge für das neue KPÖ-Programm zu präsentieren.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Während der KPÖ-Chef den 33. Parteitag für den 4. und 5. Dezember in Linz festsetzt, beruft die KPÖ-Bezirksorganisation Wien-Ottakring den "33. a.o. (Mitglieder-)Parteitag" für den 27. November in Amstetten ein (und annoncierte dies auch gleich im Amtsblatt der gestrigen Ausgabe der "Wiener Zeitung").
Die - laut Auskunft Baiers - 3.500 Parteimitglieder dürften einigermaßen verwirrt sein. Hintergrund der Doppelgleisigkeit in Sachen Parteitag, bei dem auch Vorstand und Parteivorsitzender gewählt werden, sind nicht nur Streitereien um den künftigen Kurs in der Partei.
Während Baier, wie er gestern vor Journalisten betonte, mit "stalinistischen und post-stalinistischen Ideologien" brechen will, stoßen sich seine Parteigenossen an der Position des Vorsitzenden selbst. Baiers Führungsstil und das Abgehen von der EU-kritischen Position werden kritisiert. Schon im Februar dieses Jahres waren einige Bundesvorstandsmitglieder zurück getreten.
Im Streit um den Parteitag präsentiert Baier eine Entscheidung des parteiinternen Schiedsgerichts, wonach es sich beim von den Ottakringern ausgerufenen Parteitag niemals um einen ordentlichen Parteitag handeln könne, sondern um die "Gründungsveranstaltung einer neuen Partei". Eine Spaltung der Partei fürchtet Baier nicht: "Das ist ja nur eine kleine Gruppe."
Baier verweist auf die prekäre finanzielle Situation der KPÖ nach dem deutschen Novum-Urteil. "Wir haben den Parteiapparat aufgelöst und die Aufwendungen auf ein Mindestmaß eingeschränkt." Es sei klar, dass solche Einschnitte zu Widerstand führten. Beim Parteitag werde es um Orientierungsfragen gehen. Für Baier soll die KPÖ zur "Plattform für alle werden, die links von der SPÖ und den Grünen stehen". Auf drei Säulen soll die künftige Politik ruhen: "Erstens: Wir vertreten sozial Benachteiligte. Wir wollen eine soziale Grundsicherung zu Lasten der absurd hohen Gewinne der Konzerne."
Zweitens sei die KPÖ eine feministische Partei: "Linke Politik muss auch und in erster Linie feministische Politik sein." Dritter und letzter Punkt: Die KPÖ als internationalistische Partei. Der Zugang zu Rechten und Pflichten soll nicht mehr an die Staatsbürgerschaft, sondern an den faktischen Aufenthalt gebunden werden. Baier: Eine "Residenzbürgerschaft".