Laut dem Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs sind Banken nicht dazu verpflichtet, außergewöhnliche Wechselkursschwankungen vorherzusehen.
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Wien/Brüssel. Jahrelang klang es so einfach: Für den Hausbau oder Hauskauf nehme man ein Darlehen in einer anderen Währung auf - je nach Zinsvorteil in Schweizer Franken, japanischen Yen oder US-Dollar - und zahle dieses in der Fremdwährung wieder zurück. Die Kreditnehmer finanzierten sich so nicht nur ihr Haus, sondern hofften über für sie vorteilhafte Kursschwankungen am Ende mit einem zusätzlichen Gewinn auszusteigen.
So auch 69 Kunden der rumänischen Bank SC Banca Romaneasca. Sie schlossen zwischen den Jahren 2007 und 2008 Kreditverträge in Schweizer Franken ab. Bis 2014 hatte sich der Wechselkurs zwischen der Schweizer Währung und dem rumänischen Lei (RON) jedoch nahezu verdoppelt. Die Fremdwährungskreditnehmer zogen vor Gericht, weil sie meinten, dass die Bank die Wechselkursschwankungen des Franken hätte vorhersehen können und sie darüber hätten informieren müssen. Sie haben geltend gemacht, dass die Klauseln, die die Rückzahlung des Kredits in Franken vorsähen, ihnen das Wechselrisiko auferlegten und daher missbräuchliche Klauseln darstellten.
Frankenkredite vor Europäischem Gerichtshof
Das mit dem Fall befasste rumänische Berufungsgericht hat in Folge dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Klärung vorgelegt, die am Donnerstag vom Generalanwalt in Brüssel beantwortet wurden. Demnach haben Banken, die Darlehen in Schweizer Franken vergeben prinzipiell Anspruch darauf, die Rückzahlungen dieser Darlehen in der gleichen Währung zu erhalten.
Des Weiteren stellte der Generalanwalt fest, dass ein "normal informierter Durchschnittsverbraucher, der angemessen aufmerksam und kritisch ist", daher nicht nur über die Möglichkeit einer Auf- oder Abwertung einer Fremdwährung informiert sein sollte, sondern auch in die Lage versetzt werden, die Folgen einer solchen Klausel für seine finanziellen Verpflichtungen einzuschätzen.
Das Erfordernis der klaren und verständlichen Abfassung der Vertragsklauseln könne aber nicht so weit gehen, der Bank aufzuerlegen, spätere nicht absehbare Entwicklungen, wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Wechselkursschwankungen, vorherzusehen, den Verbraucher darüber zu informieren und deren Folgen zu tragen, heißt es in der Mitteilung des EuGH.
Nach Ansicht des Generalanwalts kann also die Bank nicht für Entwicklungen nach Abschluss des Vertrags außerhalb ihres Einflussbereichs, wie insbesondere Wechselkursschwankungen, verantwortlich gemacht werden. Das Urteil des Obersten Gerichts steht hierzu noch aus, jedoch folgt es in den allermeisten Fällen dem Antrag des Generalanwalts.
110.000 Haushaltein Österreich betroffen
Frankenkredite sind mit vielfältigen und hohen Risiken verbunden, wie etwa Zinsänderungen und Wechselkursschwankungen.
110.000 Haushalte in Österreich sind laut Finanzmarktaufsicht (FMA) Ende 2016 noch nicht aus der Fremdwährungsfinanzierung ausgestiegen. Aus der Erhebung der FMA geht hervor, dass damit nach wie vor Fremdwährungskredite an Private im Gegenwert von 21 Milliarden Euro aushaften. Der Höchststand betrug im Jahr 2011 38,8 Milliarden Euro.
Seit Herbst 2008 besteht praktisch ein Neuvergabe-Stopp für Privathaushalte. Fremdwährungskredite dürfen nur noch an Personen vergeben werden, die über ausreichendes Einkommen oder Vermögen in der entsprechenden Währung verfügen. Die FMA hält Fremdwährungskredite für private Haushalte ungeeignet, da sie ein höchst spekulatives Produkt seien.