Auch pensionsberechtigte Arbeitnehmer können ihre Kündigung gerichtlich bekämpfen.
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Ältere Arbeitnehmer können die soziale Rechtfertigung ihrer Kündigung seit jeher gerichtlich überprüfen lassen. Seit rund zehn Jahren bietet ihnen das Gleichbehandlungsrecht zusätzlich Rechtsschutz gegen diskriminierende Kündigungen. Nach der jüngsten Judikatur des Obersten Gerichtshofs (OGH) können sich auch Arbeitnehmer mit Anspruch auf eine gesetzliche Alterspension auf das Verbot der Altersdiskriminierung berufen.
Das Verbot der Altersdiskriminierung beruht auf einer europäischen Richtlinie (RL 2000/78/EG), die mit 1.7.2004 im Rahmen des neuen Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) umgesetzt wurde. Seither ist die unmittelbare und mittelbare Diskriminierung aufgrund des Alters in Beschäftigung und Beruf auch in Österreich verboten (§§ 17 ff GlBG). Zulässig sind jedoch Ungleichbehandlungen aufgrund des Alters, wenn sie "objektiv und angemessen" sind und durch ein "legitimes Ziel" gerechtfertigt werden können, wobei die Mittel zur Erreichung dieses Ziels "angemessen und erforderlich" sein müssen.
Ob eine Kündigung wegen des Pensionsanspruchs eine Maßnahme der Altersdiskriminierung darstellt, wurde von der Judikatur noch nicht eingehend behandelt. In zwei älteren Entscheidungen verneinte der OGH die Altersdiskriminierung bei Kündigung nach Vollendung des Regelpensionsalters von 65 Jahren. In beiden Entscheidungen bezog der gekündigte Arbeitnehmer aufgrund des kurzen Versicherungsverlaufs nur eine niedrige Alterspension.
Der jüngste einschlägige Fall betraf einen Radiosprecher, der nach der gängigen Praxis des Österreichischen Rundfunks (ORF) kurz nach Erfüllung der Voraussetzungen für die gesetzliche Korridorpension (ab 62 Jahren) gekündigt wurde.
In diesem Zusammenhang hielt der OGH zwar fest, dass die Ausnahme von über 60-jährigen Arbeitnehmern mit Anspruch auf eine gesetzliche Alterspension vom Kündigungsschutz durch beschäftigungspolitische Ziele grundsätzlich gerechtfertigt sei. Doch damit konnte nach Ansicht des Gerichtshofs über das Vorliegen einer Altersdiskriminierung noch nicht entschieden werden.
Dem Erstgericht wurde der Auftrag erteilt, das konkrete "Erfordernis der Kündigung" des Arbeitnehmers aufgrund des unternehmerischen Gesamtkonzepts des ORF zu prüfen (9 ObA 113/12). Führt der OGH diesen Ansatz in Zukunft fort, so hätte dies erhebliche Auswirkungen für die arbeitsrechtliche Praxis. Leitende Angestellte und andere vom allgemeinen Kündigungsschutz ausgenommene Arbeitnehmer könnten auf diese Weise eine gerichtliche Überprüfung ihrer Kündigung nach ähnlich strengen Maßstäben wie beim sozialen Kündigungsschutz erreichen.
Andreas Tinhofer ist Rechtsanwalt und Partner bei MOSATI Rechtsanwälte.