Während in Deutschland seit Monaten über die innerstaatliche Umsetzung der EU-Richtlinie zum Urheberrecht heftig debattiert wird, blieb dieselbe Materie in Österreich bisher unbeachtet. In der letzten Phase der Gesetzwerdung sind aber noch viele Fragen offen - vor allem in Bezug auf das Recht des Konsumenten auf eine kostenlose Privatkopie und mögliche Einschränkungen für Bildungseinrichtungen.
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Wenn sich der parlamentarische Justizausschuss morgen, Dienstag, mit der Regierungsvorlage zur Urheberrechts-Novelle beschäftigt, hätte diese nach EU-Vorgaben schon gut drei Monate in Kraft sein müssen. Nun peilt die Regierung den 1. Juli als Beginn eines neuen Zeitabschnitts des Urheberrechts an.
Kritik am Entwurf kam von der Arbeiterkammer: Es sei nämlich das Recht der Konsumenten auf kostenlose Privatkopie (beispielsweise das Brennen von CDs für den privaten Gebrauch) in Gefahr. Zwar darf jede Person weiterhin für den privaten Eigengebrauch Vervielfältigungsstücke herstellen, die Umgehung von Kopierschutzmechanismen wird aber neuerdings sowohl im Musik- und Filmbereich als auch im Softwarebereich verboten. "Damit kann die Industrie mit Hilfe von Kopierschutztechniken jede Kopie verhindern", fasst die Arbeiterkammer zusammen.
Mehr Schutz für Kreative
Die der Novelle zugrunde liegende EU-Richtlinie setzte sich die "Harmonisierung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft" zum Ziel. "Die Novelle wird den neuen Anforderungen des Urheberrechtes gerecht", zeigt sich Franz Medwenitsch, Vorsitzender des Verbandes der österreichischen Musikwirtschaft (IFPI), von der Notwendigkeit der neuen Regelungen überzeugt.
Durch digitale Kopiertechnologien sieht Medwenitsch die Funktionsfähigkeit des Marktes bedroht und verweist auf Statistiken: Demnach ist in Österreich die Zahl der verkauften Original-CDs kontinuierlich von 23,5 Mill. Stück im Jahr 2000 auf 19 Mill. Stück im Vorjahr gesunken, während die Zahl der selbst gebrannten, mit Musik bespielten CD-Rohlinge von neun Mill. (2000) über 15 Mill. (2001) auf 24 Mill. Stück (2002) regelrecht explodierte. Ohne rigide Umgehungsverbote der Kopierschutzmechanismen würden nicht nur Arbeitsplätze in der Musikwirtschaft, sondern auch im Kreativbereich verloren gehen, erwidert Medwenitsch auf die Kritik der Arbeiterkammer.
Schaden für Schulen
Nutzungsbeschränkungen könnten in Österreich aber nicht nur auf Private, sondern auch auf öffentliche Bibliotheken, Schulen, Universitäten, Museen und Archive zukommen, befürchtet der deutsche Urheberrechtsexperte Thomas Hoeren. Der Vorstand des Institutes für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht an der Uni Münster war auch für den Bundesverband der Verbraucherschützer (vzbv) in Deutschland als Gutachter tätig. Der österreichische Regierungsentwurf geht davon aus, dass die Software- und Medienindustrie freiwillige Maßnahmen ergreifen, um Privaten und Bildungseinrichtungen rechtmäßigen Zugang zu geschützten Werken zu ermöglichen.
Wissenschaftsklausel
Dieser - vorläufig - gänzliche Verzicht auf eine entsprechende gesetzliche Regelung ist laut Hoeren "ein österreichisches Unikum in der EU und sehr verfehlt". Bibliotheken, Schulen und Unis müssten die Möglichkeit haben, Medien trotz technischer Sperrung und Schrankenregelung zu benutzen und in bestimmtem Rahmen zu vervielfältigen.
Es sei schwer vorstellbar, dass Sony, Warner, Microsoft und Co. sich beispielsweise mit Vertretern von Bibliotheken zusammensetzen und von sich aus ihre Schutzsysteme für diese Zwecke adaptieren, stimmt auch der Wiener Urheberrechtsprofessor Walter Dillenz seinem deutschen Kollegen zu. Noch weniger ist zu erwarten, dass dies für private Nutzer geschieht. In Deutschland setzte die rot-grüne Regierung hingegen in einem erbitterten Streit mit der Medienindustrie die so genannte "Wissenschaftsklausel" - wenn auch nicht im vollen Umfang - durch. Nach dem jetzt vorliegenden Kabinettsentwurf dürfen Bildungs- und Forschungseinrichtungen Teile von Werken und sogar Filmen online anbieten, wenn diese älter als zwei Jahre sind.
Mietverträge für Software
Interessensverbände wie der Verein zur Förderung Freier Software kritisieren weiters, dass das neue Urheberrecht Mietverträge für Software legalisiere und der Anwender nicht nur immer wiederkehrende Zahlungen zu leisten habe, sondern auch die Gewährleistungsansprüche verlieren würde. Noch dazu führe die Novelle zu einem pauschalen Informationsverbot über Programmfehler und Programmschwächen, da solche Informationen zur Umgehung eines Kopierschutzes verwendet werden könnten. Weiters wird befürchtet, dass zusehends Musikstücke, Texte und Videos im Internet "häppchenweise" gegen Bezahlung angeboten und der Konsument doppelt zur Kasse gebeten werden könnte: Zum einen beim einzelnen Datenzugriff und zum anderen in Form der bereits jetzt üblichen Abgabe auf leere Video- und Tonträger.
Schon längere Erfahrung mit dieser Art des Urheberrechtes haben die USA. Schon 1998 wurde der Digital Millenium Copyright Act (DMCA) eingeführt, der von Bürgerrechtsgruppen heftig bekämpft wurde. Höhepunkt der Kontroversen war die Inhaftierung eines russischen Programmierers, der nach seinem Vortrag auf einer Hackermesse in Las Vegas festgenommen wurde. Allerdings laufen auch in den USA vielerlei Bestrebungen, das umfassende Umgehungsverbot zu reformieren.