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EU-Innenminister diskutieren Gesetzespaket. | Einigung in Kernfragen frühestens 2010. | Brüssel/Luxemburg/Wien. Im österreichischen Wahlkampf ist das Ringen um eine Überarbeitung der EU-Asylgesetze schon seit einigen Wochen ein heißes Thema.
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Die Innenminister der Union beschäftigen sich erst morgen, Donnerstag, eingehend mit dem umstrittenen Paket. Mit einer Entscheidung über den bei uns so heftig diskutierten Punkt des vollen Zugangs zum Arbeitsmarkt für Asylwerber nach sechs Monaten, werde heuer allerdings nicht mehr gerechnet, hieß es in Diplomatenkreisen.
Eine überwiegende Mehrheit der Innenminister steht dem ablehnend gegenüber, weil diese Regelung eine zusätzliche Motivation für Menschen aus Nicht-EU-Ländern darstellen könnte, einen Asylantrag in einem Mitgliedsstaat zu stellen. Allerdings halten dem Kritiker der gegenwärtigen Situation ein Sinken der Kriminalitätsrate unter den Asylwerbern entgegen, wenn diese die Möglichkeit erhalten, legal zu arbeiten.
So gibt es in Österreich zwar bereits nach drei Monaten Zugang zum Arbeitsmarkt, allerdings nur für Saisonarbeitskräfte in definierten Branchen. Erst nach einem Jahr Aufenthalt dürfen alle Jobs angenommen werden. Für die Beibehaltung dieser Regelung will sich die Inneministerin Maria Fekter einsetzen.
Umstrittener Nachzug von Familienmitgliedern
Noch völlig offen ist, ob Asylwerber künftig tatsächlich leichter ihre Geschwister oder verheiratete Kinder nachholen dürfen; Fekter jedenfalls spricht sich klar dagegen aus. Über die Frage, ob Österreich Asylverfahren für Antragsteller durchführen müsste, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, erwarten Diplomaten in Brüssel frühestens 2010 eine Entscheidung. Noch nicht zu erkennen sei auch eine gemeinsame Linie bei den von Brüssel vorgeschlagenen Mindeststandards bei der Schubhaft. Hier gebe es eine breite Ablehnung unter den Mitgliedsstaaten.
Die Aufregung in Österreich war durch eine Abstimmung über den Standpunkt des EU-Parlaments Anfang Mai ausgelöst worden. Zwar wurde dort bereits ausgeschlossen, dass Asylwerber künftig dieselben Leistungen wie inländische Sozialhilfeempfänger bekommen sollen, wie es die EU-Kommission vorgeschlagen hatte. Die Mehrheit der EU-Abgeordneten, votierte allerdings für den vollen Arbeitsmarktzugang nach sechs Monaten, den erweiterten Familienbegriff und die Möglichkeit einer Aussetzung der so genannten Dublin-Verordnung für Mitgliedsstaaten mit akutem Asylwerberansturm. Dublin sieht grundsätzlich vor, dass das Asylverfahren in jenem Land durchgeführt werden soll, wo der Antragsteller das erste Mal registriert wird. Die Mitgliedsstaaten in Randlage - vor allem am Mittelmeer und an der Ostgrenze der EU - sind verpflichtet, aufgegriffene Personen per Fingerabdruck in die Asylwerberdatenbank Eurodac einzutragen.
Unterschiedliches Abstimmungsverhalten
Das heftig diskutierte Votum im EU-Parlament hatte mit dem FPÖ-Abgeordneten Andreas Mölzer just einer der schärfsten Kritiker des neuen Asylpakets geschwänzt.
Die ÖVP stimmte geschlossen dagegen, während dies bei der SPÖ nur Spitzenkandidat Hannes Swoboda tat. Die drei SPÖ-Abgeordneten Maria Berger, Wolfgang Bulfon und Harald Ettl, die allesamt nicht mehr zur Wahl am kommenden Sonntag stehen, stimmten wie der unabhängige Kandidat Hans-Peter Martin und der Grüne Johannes Voggenhuber für die neue Asylrichtlinie der Kommission.