Die österreichischen Medien spiegeln großteils nicht unsere multiethnische Gesellschaft wider, sondern erhalten durch den Ausschluss der ImmigrantInnen die Fiktion der homogenen politischen und kulturellen Gemeinschaft aufrecht. MigrantInnen bedienen sich aller künstlerischer Ausdrucksmittel, um sich als KünstlerInnen zu verwirklichen und um Kulturarbeit und wichtige politische Bewusstseinsbildungsarbeit zu leisten.
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Die Reflexion über eine weiße Identität, die nicht auf Gegensätzen basiert, ist in Österreich noch nicht in die Öffentlichkeit vorgedrungen. Der Bewusstseinsprozess der bloßen Realisierung von Rassismus im allgemeinen und seiner institutionellen Formen steht erst am Anfang. Integration als normatives Ziel bedeutet nach Lischke und Rögl strukturell die gleichberechtigte Teilnahme an Institutionen, Hierarchiestufen und Gütern der Gesellschaft und sozial die Möglichkeit wechselseitiger Interaktion zwischen Mehrheit und Minderheiten ohne Benachteiligung, Vorurteil, persönliche Diskriminierung.
Um eine solche Gleichstellung von Schwarz und Weiß - und somit eine echte Integration - zu erreichen, sind zwei Prozesse notwendig: einerseits Self-Empowerment der Unterdrückten und andererseits das Bewusstwerden der Machtsituation der Dominierenden und das Teilen, also Abgeben von Macht. Ein solches Verständnis von Integration ist als Konfliktprophylaxe in einer interdependenten Welt sowie für die Weiterentwicklung des Demokratiekonzepts von großer Bedeutung.
Kulturarbeit als Reaktion auf Fremdheitserfahrungen
MigrantInnen bedienen sich aller künstlerischer Ausdrucksmittel, um sich als Künstlerinnen und Künstler zu verwirklichen, aber auch, um Kulturarbeit und wichtige politische Bewusstseinsbildungsarbeit zu leisten. Sie platzieren sich als Akteurinnen und Akteure im Rahmen der Politik. Sie nehmen Raum ein - öffentliche und politische Räume, die ihnen ohnehin zustehen müssten. MigrantInnen errichten neue Foren für Diskussion, Konfrontation und Austausch durch bewussten kulturellen Ausdruck und durch die Kommunikation an der Öffentlichkeit. Natürlich sind die MigrantInnen keine homogene Gruppe und dementsprechend gibt es auch keine einheitliche Beschreibung der Migrationskunst - nur verschiedene Beispiele von unterschiedlichen Personen. Alle haben sie gemeinsam, dass sie sich dazu entschlossen haben, Kunst und Kulturarbeit aktiv in dem Land zu betreiben, in das sie ausgewandert sind und nun als ihre neue Heimat sehen.
Die Kulturarbeit der afrikanischen Diaspora in Wien wird einerseits von KünstlerInnen und andererseits von afrikanisch-österreichischen Vereinen geleistet. Die Organisation von Vereinen ist eine Reaktion auf die Fremdheitserfahrungen und die Entmündigung in Österreich. Die emanzipatorische Kunst und Kulturarbeit dient dem Self-Empowerment der Afrikanischen Community und der Diversifizierung von Bildern über afrikanische Zuwanderer in Wien.
Pflege sozialer Kontakte und gegenseitige Unterstützung
Ein Großteil der fast 40 afrikanisch-österreichischen Vereine ist in Wien und dient dem Zweck, soziale Kontakte zu verstärken, sich mit Freunden zu treffen und sich Zuhause zu fühlen. Oft funktionieren diese Sozialvereine auch als rotierende Sparvereine mit finanzieller Unterstützung von Mitgliedern bei besonderen Anlässen (Hochzeit, Geburt, Tod). Fast jedes afrikanische Land ist durch so einen Verein in Österreich vertreten, oft gibt es sogar Vereine von einzelnen Volksgruppen. Diese national orientierten Vereine veranstalten zudem Feste, die auch öffentlich beworben werden.
Darüber hinaus gibt es Vereine, die weitergehende Ziele verfolgen als gegenseitige soziale und finanzielle Unterstützung. Vereine, die Beratungs-, Betreuungs-, Bildungs-, Politik- und Medienarbeit leisten sowie Kunstschaffen fördern und vieles mehr. Diese selbstbewussten Vereine erheben vermehrt Anspruch auf Anerkennung vom Sozialstaat. Eine Dachorganisation afrikanisch-österreichischer Organisationen ist im Entstehen und die Zusammenarbeit mit der österreichischen Zivilgesellschaft wächst.
Ein wichtiges Problem, das von fast allen Vereinsverantwortlichen angesprochen wurde, ist die schwierige Zusammenarbeit mit Österreichischen Institutionen, die zwar die AfrikanerInnen einladen, bei "Ausländerthemen" mitzudiskutieren, jedoch nicht zu Diskussionen über andere innenpolitische Themen und nicht um mitzubestimmen. HerkunftsafrikanerInnen werden von der Mehrheitsgesellschaft oft für die eigene Präsentation als multikulturell offen instrumentalisiert, während selten echte Kooperationen eingegangen werden.
Förderung von Kunst und Kultur der MigrantInnen
Ein wichtiger Teil der Förderung von interkultureller Kulturarbeit wird aus Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit (des Bundesministeriums für Auswärtige Angelegenheiten) über die Subventionsstelle KommEnt (Gesellschaft für Kommunikation und Entwicklung) und die Künstlervermittlung kulturen in bewegung geleistet. Spezielle Förderungen für interkulturelle Kulturarbeit von Seiten der Kulturpolitik gibt es von der Kulturabteilung der Stadt Wien, nicht jedoch über die Kunstförderung des Bundeskanzleramts. Horst Watzl von kulturen in bewegung, Mag. Hartmeyer von KommEnt und Dr. Sari vom Referat für Interkulturelle und Internationale Aktivitäten der Stadt Wien beurteilen die Qualität der Kunst und Kulturarbeit der afrikanischen Diaspora jeweils als hoch und die Quantität als steigend, sowie die öffentliche Anteilnahme als wachsend.
Katharina Noussi-Scheba ist Kulturwissenschaftlerin und Theaterexpertin in Wien.