Dem französischen Staatsfernsehen stehen Sparschnitte und neue Chefs ins Haus.
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Paris. Frankreich muss sparen. Um zehn Milliarden Euro will der Ende September im Kabinett verabschiedete "kämpferische" - so der Premierminister - Haushaltsentwurf 2013 die Ausgaben kürzen. Betroffen ist davon auch das staatliche Fernsehen. Überbringerin der schlechten Nachricht war die Kulturministerin Aurélie Filippetti, in deren Zuständigkeit auch die staatlichen audiovisuellen Medien fallen. Ihr Ministerium muss mit 7,4 Milliarden Euro auskommen, zwei Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zuwendungen für staatliche Medien sinken um 168 Millionen Euros, das heißt 1,56 Prozent, auf 3,8 Milliarden Euro. Zum Ausgleich sieht der Haushaltsentwurf eine leichte Erhöhung der Rundfunk- und Fernsehgebühren um - Inflationsausgleich eingeschlossen - 4,5 Euro pro Hauptwohnsitz vor.
Das hatte sich der Präsident von France Télévision, René Pflimlin, gewünscht. Mit dann 129,50 Euros bleibt die Gebühr aber eine der niedrigsten in Europa: In Großbritannien liegt sie bei 179 Euro, in Deutschland bei 216 Euro jährlich.
Die Hauptlast an den Einsparungen trägt das Fernsehen. Vom Staat zugewiesen bekommt France Télévisions mit seinen Sendern France 2, France 3, France 4, France 5 und France Ô 2,3 Prozent weniger als im Vorjahr, also nur noch knapp 2,5 Milliarden Euro. Allein 2,2 Milliarden stammen aus Gebühren. Dazu kommen noch die Werbeeinnahmen - die allerdings seit der von Nicolas Sarkozy 2009 praktisch im Alleingang beschlossenen Reform nicht mehr sehr reichlich sprudeln. Seitdem darf das staatliche Fernsehen nach 20 Uhr keine Werbung mehr ausstrahlen. Im Vorfeld der Beratungen hatte der Budgetminister gar erwogen, dieses Verbot rückgängig zu machen. Denn der Ausfall der Werbeeinnahmen in Höhe von 450 Millionen Euro wird über eine Sonderabgabe von privaten Fernsehunternehmen und Telecom-Unternehmen ausgeglichen. Diese Abgabe könnte vom EuGH wegen Wettbewerbsverzerrung gekippt werden. Die Frage der Finanzierung des TV stellt sich dann neu. Die Kulturministerin denkt für diesen Fall über eine Ausweitung der Gebührenpflicht auf Computer und Zweitwohnsitze nach.
"Mangelnder Reformeifer"
Gut eine Milliarde bleibt für den Rest der staatlichen audiovisuellen Medien, vor allem Radio France (625 Millionen Euro), Arte (268 Millionen Euro) und das mit der Archivierung und Bereitstellung der audiovisuellen Produktion beauftragte Institut national de l’audiovisuel (92 Millionen Euro).
Allerdings machen nicht nur die Finanzen, sondern auch die Politik dem seit Juli 2010 im Prinzip für fünf Jahre ernannte Präsidenten des staatlichen Fernsehens Sorge. Der Sparzwang hat bereits dazu geführt, dass bis 2015 mindestens 500 Beschäftigte freiwillig gehen sollen. Aber die Politik wirft René Pflimlin mangelnden Reformeifer insbesondere im Blick auf den Sender France 3 vor, dessen Einschaltquoten immer tiefer sinken. France 3 sendet eine nationale und mehrere Regionalausgaben. Problem: Der Sender beschäftigt allein tausend Journalisten, während France 2 mit 350 auskommt und damit doch weit mehr Zuschauer erreicht. Die Produktionsbedingungen bei France 3, von mächtigen Gewerkschaften geschützt, sind personalaufwendig. Pflimlin wollte den Sender in autonome Einheiten aufspalten, die von den Regionen mitfinanziert werden sollten - das hat die Ministerin als zu kostspielig verworfen. France Ô - der im Wesentlichen an die Überseegebiete gerichtete Sender - zählte ebenso viele Beschäftigte wie France 2. Bei insgesamt 10.500 Beschäftigten und einer durch Reformen und Fusionen immer komplexeren Personalstruktur wünschen sich die Politiker von Pflimlin ein entschiedeneres Vorgehen.
Reformiert werden soll auch das Verfahren zur Bestellung der Chefs der staatlichen audiovisuellen Medien. Deren von Nicolas Sarkozy durchgesetzte faktische Ernennung durch den Staatspräsidenten war seinerzeit von der sozialistischen Opposition scharf kritisiert worden.
Aus deren Reihen ist nun jedoch François Hollande Präsident. Dieser hatte versprochen, dass in Zukunft die Aufsichtsbehörde CSA die Ernennungen vornehmen solle. Seine Ministerin versprach kürzlich ein entsprechendes Gesetz für Anfang 2013. Einige Sozialisten würden diese Gelegenheit gern nützen, Pflimlin zum vorzeitigen Rücktritt zu drängen.