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"Die Folgen sind nicht absehbar." Diese Antwort ist sehr häufig zu hören auf die häufig gestellte Frage, was wohl passieren würde, wenn Griechenland pleiteginge. Das Hauptproblem ist dabei gar nicht so sehr Griechenland selbst, sondern die weitgehend unbekannte weltweite Vernetzung der Finanzströme. Wenn das Land pleitegeht, sind auch die griechischen Banken am Ende. Das wird deutschen und französischen Banken sehr weh tun, aber sie nicht umbringen.
Das eigentliche Problem sind aber die vielen derivativen Finanzprodukte dazu, die quer über den Globus gehandelt werden. Wer etwa die berüchtigten "Kreditausfallversicherungen" hält, ist weitgehend unbekannt. Es könnte also durchaus sein, dass irgendwo auf der Welt eine Bank umfällt, weil sie den Ausfall versichert hat. Und das wieder droht zu einer Kettenreaktion zu werden - ein Szenario, das der Pleite von Lehman im Oktober 2008 ähnelt. Damals mussten weltweit viele Banken mit staatlicher Hilfe aufrechterhalten werden.
Es geht also bei der Vermeidung einer Griechenland-Pleite kurioserweise um den Schutz jener Finanzinstitute, die das südeuropäische Land derzeit ausweiden wie die Hyänen ein Aas.
Warum das getan wird? Die Antwort darauf ist um nichts weniger kurios: Um das Vertrauen der Märkte in die Eurozone nicht zu erschüttern. Genau diese Märkte (die übrigens Transparenz nicht besonders lieben, diese Kreditausfallversicherungen werden bilateral gehandelt, aber auf keinem Börseplatz) leben aber davon, dass irgendwo Vertrauen erschüttert ist. Je größer die Unsicherheit, desto höher die Gewinnmarge.
Das einzige Argument, ein solches System am Leben zu halten, ist das Faktum, dass es kein anderes gibt. Planwirtschaft und staatlich verordnetes Wohlstandsniveau hatten wir schon - es ist Ende der 1980er zusammengebrochen.
Wenn also Griechenland gerettet wird, dann werden die Finanzmärkte - sprich Banken, Händler, Investmentgesellschaften - gerettet. Zum Dank nehmen diese "Märkte" von den Griechen 20 Prozent Zinsen. Um in diese Struktur einzugreifen, gibt es nur einen Weg: Diese Produkte gehören schlicht und ergreifend verboten. Es gibt Lebensversicherungen gesetzlich vorgeschriebene Obergrenzen für bestimmte Investments. Bei Staatsanleihen gibt es keinerlei Reglements. Wie man so etwas nennt? Stimmt - kurios . . .