Staatsausgaben auf Pump können keinen nachhaltigen Aufschwung begründen. Sinnvoller ist es, bei der Arbeitslosigkeit anzusetzen.
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Nach den italienischen Parlamentswahlen hat eine altbekannte These wieder Auftrieb bekommen: Nicht hausgemachte Probleme, sondern eine von außen oktroyierte, einseitige Sparpolitik habe zu dem Wahlergebnis geführt. Dieser "Austeritätskurs" sei nun abgewählt. Wachstum lasse sich rasch und bequem durch schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme schaffen.
Diese Sichtweise ist doppelt falsch. Erstens wurden in den von der Krise besonders schwer getroffenen Ländern der Eurozone trotz erheblicher Härten bisher allenthalben Regierungen gewählt, die in ihren Ländern einen soliden Stabilitätskurs verfolgen.
Zweitens mag das Begriffspaar "Austerität oder Wachstum" als politischer Kampfbegriff taugen, jedenfalls aber nicht als Beschreibung realer Alternativen. Wer behauptet, Sparen und Wachstum seien unüberbrückbare Gegensätze, unterstellt auch, dass Wachstum nur durch neue Schulden entstehen kann. Dabei wissen wir doch seit langem: Staatsausgaben auf Pump können -wenn überhaupt - allenfalls konjunkturelle Strohfeuer entfachen, sicher aber keinen nachhaltigen Aufschwung begründen. Bei immer weiter wachsenden Staatsschulden kommt früher oder später der Moment der Wahrheit, wenn die Märkte als Gläubiger das Vertrauen in die Schuldentragfähigkeit verlieren. Nichts ist doch für einen Staat schlimmer, als sich in größte Abhängigkeit von den Finanzmärkten zu begeben.
2013 könnte für Europa das schwierigste Krisenjahr werden. Zwar zeitigen die Reformen erste Erfolge. Neues Vertrauen ist an den Finanzmärkten gewachsen, die Haushaltsdefizite und Unwuchten innerhalb der Eurozone gehen zurück. Doch es braucht Zeit, bis diese Vorboten eines Aufschwungs in der realen Wirtschaft ankommen.
Wir stehen in Europa vor der folgenden Alternative: Entweder wir führen unsere Politik des ausgewogenen Dreiklangs aus Solidarität, Wachstum durch mehr Wettbewerbsfähigkeit und Haushaltskonsolidierung fort. Oder wir fallen zurück in die alte, längst gescheiterte Schuldenpolitik. Das wäre fatal. Überall dort, wo die Regeln der Solidität nicht genügend beachtet wurden, herrscht heute die größte Arbeitslosigkeit - weil nämlich dort niemand investiert. Wer in alte Schuldenmuster fällt, zementiert über Jahre und Jahrzehnte Massenarbeitslosigkeit in Europa.
Es gibt keine Abkürzung zu mehr Wettbewerbsfähigkeit - auch wenn die Medizin oft bitter schmeckt. Entscheidend ist der richtige Mix ineinander greifender Reformen. Sie brauchen Zeit, aber sie wirken. Genauso wichtig aber ist, dass die Menschen die Überzeugung an die Wirkung der Medizin nicht verlieren. Deshalb muss jetzt die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, besonders unter Jugendlichen, absolute Priorität in Europa erhalten. Arbeitslos zu sein ist eine Tragödie für jeden Einzelnen genauso wie für die ganze Volkswirtschaft.
Das europäische Schiff ist jetzt an einem kritischen Punkt. Wir müssen die politische Kraft aufbringen, den Kurs der Stabilitätspolitik fortzuführen. Kurs halten wird sich auszahlen.