Performance und Wertsteigerung sind wieder im Fokus. | Aus für Fusionen und Übernahmen. | Wien. Die Finanzkrise hat uns voll erwischt. Während es in den vergangenen Jahren mit den Kursen unaufhaltsam nach oben ging, wurden wir in jüngster Zeit zurück in die Realität geholt. Innerhalb kürzester Zeit verpufften Werte in Milliardenhöhe. Nach Jahren des Börserausches finden wir uns angesichts der hohen Verluste nun in einer nachhaltigen Katerstimmung. Was ist passiert?
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Für Österreich gesehen sind die Unternehmen selbst nach wie vor dieselben. Ebenso die Fundamentaldaten der Wirtschaft, die sich nicht wesentlich geändert haben. Gleiches gilt für die Märkte, in die die Unternehmen expandieren, und wo sie ihre Wachstumspotenziale sehen - allen voran die mittel- und osteuropäischen Länder (CEE). Nach wie vor sind die CEE-Märkte zum Beispiel im Bereich vieler Konsumgüter und Dienstleistungen weit entfernt von einer Bedarfssättigung. An den Fundamentaldaten und an den Potenzialen hat sich also nichts Wesentliches verändert.
Geschärfter Blick für das Risiko
Was sich hingegen geändert hat, ist das Risikobewusstsein der Anleger. In den Jahren des Aufwärtstrends hatten viele das Risiko von Veranlagungen schon fast vergessen. Als nun publik wurde, dass namhafte Institutionen große Beträge abschreiben mussten und dies noch dazu im Bereich der so risikolos gesehenen Immobiliengeschäfte, kamen potenzielle Gefahren wieder schlagartig ins Bewusstsein - und führten bei vielen zu Panik. Während man jahrelang dazu neigte, die Potenziale zu sehen und die Risken zu negieren, dreht sich der Spieß nun um.
Für börsennotierte Unternehmen bedeutet dies ein radikales Umdenken in ihrer Kommunikation mit den Anlegern. Bis vor kurzem war diese vor allem auf die verheißungsvolle Darstellung der Potenziale gerichtet. Nachrichten über neue Übernahmen, Standorteröffnungen und Einstiege in noch östlichere Märkte standen im Zentrum. Es waren genau jene Informationen über Wachstumsfantasien, die die Anleger suchten. Nun wollen die Anleger wissen, wie die aufgezeigten Potenziale genutzt wurden, ob in den neuen Märkten tatsächliche Profite gemacht werden, ob die Ost-Abenteuer nur Fantasieblasen sind oder tatsächlich Wert schaffen. Neuigkeiten über Fusionen und Übernahmen sind out - Profitabilität, Performance und Wertsteigerung sind gefragt.
Die Krise hat auch etwas Gutes für sich
Bei einer vor kurzem abgehaltenen Diskussion des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche über die aktuelle Finanzkrise und ihre Auswirkungen auf CEE kam Marko Skreb, Chief Economist der Privredna Banka in Zagreb, zu einem interessanten Schluss. Er meinte, dass die aktuelle Krise durchaus etwas Gutes für die CEE-Länder hätte.
Nur angesichts solcher Krisen gelingt es, das erforderliche Bewusstsein für notwendige Reformen zu schaffen, was bei einer wirtschaftlichen Schönwetterlage kaum möglich wäre. Dasselbe gilt auch für Unternehmen. Auch hier war es in Zeiten einander sich jagender Ergebnisrekorde schwierig, die Akzeptanz im Management für bessere Steuerungsinstrumente und Frühwarnsysteme zu finden. Dabei sind diese gerade in einer so rasant wachsenden Region wie CEE absolut unverzichtbar.
Spätestens mit der aktuellen Krise werden Eigentümer und Aktionäre detailliertere Fragen zu Performance und Wertsteigerung stellen. Gerade Finanzchefs werden damit künftig wieder mehr mit ihrem eigentlichen Kernbereich im Mittelpunkt des Interesses stehen.
Stefan Bergsmann ist Principal und Prokurist bei Horváth & Partners Management Consultants.