Die Vorfälle bei den Corona-Demonstrationen am Wochenende in Wien sorgten für ein heftiges Nachbeben im Parlament.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Es widert mich an. Ich bin der Meinung, dass so etwas in Österreich keinen Platz haben sollte." Mit drastischen Worten verurteilte am Montag Bundeskanzler ÖVP-Obmann Sebastian Kurz Gewaltakte und Ausrufe bei den Demonstrationen gegen die Corona-Politik der Bundesregierung auch mit FPÖ-Beteiligung am Samstag in Wien. "Unter keinen Umständen ist Gewalt akzeptabel", betonte Kurz im Rahmen der Sondersitzung des Nationalrats zum Frauentag. Und auch die Landespolizeidirektion lud zu einer Pressekonferenz nach den Corona-Demonstrationen am Samstag. Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl informierte im Festsaal der Landespolizeidirektion Wien.
Das trieb die FPÖ im Hohen Haus umgehend auf die Barrikaden. FPÖ-Mandatar Axel Kassegger warf dem Regierungschef in einem Einwand umgehend vor, dieser habe die Sondersitzung zum Frauentag "missbraucht". "Es widert mich an", antwortete der FPÖ-Parlamentarier, dass bis zu 30.000 Teilnehmer der Demonstrationen als Hooligans "beschimpft" würden.
Bei den Kundgebungen am Wochenende sind Tausende Teilnehmer, teilweise ohne Schutzmasken durch Wien und durch den Prater gezogen, darunter waren laut Polizei auch Personen aus rechtsextremen Kreisen. Es hat serienweise Anzeigen der Polizei und auch Festnahmen gegeben. Außerdem ist der Portier in einem Haus bei einem Sturm von Teilnehmern auf ein Gebäude eines Versicherungsunternehmens verletzt worden.
Kritik an "Hooligan-Mentalität"
Der Schlagabtausch zwischen ÖVP und FPÖ am Sonntag erlebte am Montag im Hohen Haus eine hitzige Fortsetzung. Der Bundeskanzler nützte seine Antwort ausdrücklich dazu, um die Vorkommnisse rund um die Demonstrationen scharf zu verurteilen. Man könne zur Corona-Pandemie eine unterschiedliche Meinung haben, das sei auch gut, räumte er ein. Jedoch sei eine "Hooligan-Mentalität", die zu Gewalt führe, nicht akzeptabel. Es habe auch "Sieg Heil"_Rufe im zweiten Wiener Bezirk gegeben. "Unter keinen Umständen ist Antisemitismus akzeptabel", erklärte Kurz. Später bekräftigte er das mit dem Nachsatz: "Es widert mich an."
Die prompte Reaktion der FPÖ in einer Meldung zur Geschäftsordnung fiel ebenso scharf aus. "Geht's noch, Herr Bundeskanzler?", warf FPÖ-Mandatar Kassegger dem Kanzler auf der Regierungsbank an den Kopf. Die FPÖ will jedenfalls das Vorgehen der Polizei prüfen, die einen Teil der Demonstrationsteilnehmer letztlich "eingekesselt" habe.
Warnung der SPÖ-Chefin zum Frauentag
Anlass für die Sondersitzung war eine außergewöhnliche gemeinsame Aktion. Alle drei Oppositionsparteien, also SPÖ, FPÖ und Neos wollten in einer Dringlichen Anfrage von der Bundesregierung Erklärungen zur Situation der Frauen während der Corona-Krise. Erstmals traf sich das Parlament am Internationalen Frauentag zu einer Sondersitzung. SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner warnte eindringlich: "Wir dürfen uns im Kampf um die Gleichberechtigung durch die Corona-Krise nicht zurückwerfen lassen." Vor allem dürfe die Krise nun "nicht zu einer Pandemie der Armut" bei den Frauen führen. "Warten Sie nicht", forderte die SPÖ-Chefin von Bundeskanzler Kurz.
Dieser räumte ein, dass für Frauen, insbesondere für Alleinerzieherinnen die Corona-Krise "die die Mehrfachbelastung verschärft" habe. Zugleich versicherte Kurz aber mit Hinweis auf die Kurzarbeit, von der auch Frauen profitieren, und auf den Familienhärtefonds: "Wir sind bei den Hilfen Weltspitze. Das ist gut so." Frauen- und Familienministerin Susanne Raab lobte er als "Treiberin" in der Bundesregierung.