In Österreich gewöhnt man sich rasch an Provisorien. Die Feuerwehraktion gegen Arbeitslosigkeit ist zwar sinnvoll, auf keinen Fall aber eine Dauereinrichtung.
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Unternehmen flüchten in die Kurzarbeit, und das nicht nur mit dem Segen, sondern mit finanziellen Zuwendungen durch das Arbeitsmarktservice AMS. 15.200 Personen sind es im Jänner - fast doppelt so viele wie im Monat davor. Von der Auto- und Autozulieferindustrie wie Hirschmann Automotive GmbH bis zur Voestalpine reduzieren die Betriebe die Arbeitszeit und sind sich des Beifalls der Regierung, der Gewerkschaft, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung gewiss. Denn mit dem Geld, das ein einziger Arbeitsloser koste, könnten drei Kurzarbeiter über die Runden gebracht werden, rechnet Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer vor.
Es gibt gewichtige Argumente, die für diese Arbeitsmarktpolitik sprechen, sofern man sie ausdrücklich auf die Ausnahmesituation beschränkt. Beschäftigte, die durch Kündigung aus dem Betrieb und damit dem Arbeitskreislauf ausscheiden, werden nämlich sehr leicht zu Langzeitarbeitslosen, die das Sozialbudget auf Dauer belasten. Also lässt sich auch argumentieren, dass die maximale Laufzeit eines beim AMS angemeldeten Kurzarbeitsprogramms auf eineinhalb Jahre erhöht und nach dem Wunsch der Wirtschaftskammer sehr flexibel gehandhabt werden soll.
Allerdings offenbart die Kurzarbeitsstrategie die abstruse Lage der derzeitigen Ökonomie. Nachdem der Staat bereits die Banken mit einem 100-Milliarden-Sicherungsprogramm unter seine Fittiche genommen hat, greift er hilfreich in die Produktionsbedingungen von Privatunternehmen ein und sichert Arbeitsplätze direkt.
Im Grunde läuft das auch nicht viel anders als unter Bundeskanzler Bruno Kreisky, dem überhöhte Staatsausgaben lieber waren als Arbeitslose. Die negativen Folgen politischer Intervention zeigten sich vor allem in den Staatsbetrieben, freilich oft erst nach Jahren.
Rechnet man hinzu, dass sich die tatsächlich schwer getroffene österreichische Auto- und Motorindustrie bereits um staatliche Hilfsgelder anstellt und der Ruf nach einem staatlichen Finanzierungsprogramm nicht nur für kleine und mittlere Betriebe, sondern auf für Konzernriesen immer lauter wird, dann ist die stille Verstaatlichung bereits voll unterwegs.
Würde daraus ein Normalzustand, könnten auf Dauer weder Unternehmen noch Wirtschaftsforscher feststellen wollen, welche Betriebe überhaupt produktiv sind und welche - die Stützungsgelder weggerechnet - schon an der Kippe stehen. In einer gesunden Wirtschaft regelt sich das weitgehend selbst. Wenn es in Unternehmen knapp wird, sparen sie beim Personalaufwand und ringen sich zu Kündigungen durch, bis sie dank der Einschränkungen wieder über den Berg sind.
Staatliche Eingriffe, so gut sie gemeint sind, verkleistern den nüchternen Blick auf die Verhältnisse, außerdem kann man sich an solche Segnungen leicht gewöhnen und sie fix im Budget einkalkulieren.
In dieser Phase die Explosion der Arbeitslosenzahlen künstlich einzudämmen ist sicher die richtige Politik, so lange man mit Rotstift etikettiert, dass das nur als außergewöhnliche und zeitlich begrenzte Maßnahme gelten kann. "Es geht darum, hoch produktive Betriebe in einer kritischen Phase über den gefährlichen Strudel zu bringen", sagte vor kurzem Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Unter diesen Vorzeichen stimmt es. Alles andere wäre ein Rückfall in Zeiten, in denen Österreichs Wirtschaftspolitiker ausprobierten, wie lange man unter einem staatlichen Regenschirm unproduktiv sein kann.