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Kürzung für Freiheit der Forschung

Von Eva Stanzl

Wissen
US-Forscher suchen nach der Super-Symmetrie - hierzulande herrscht wohl derzeit eher Chaos. Foto: Corbis

Weltweit wird die außeruniversitäre Forschung gefördert, hierzulande wird gespart. | Internationale Konkurrenz allgegenwärtig. | Das renommierte Erwin Schrödinger Institut für Mathematische Physik (ESI) wurde 1993 unter Wissenschaftsminister Erhard Busek gegründet. Das Ziel war, den internationalen wissenschaftlichen Austausch zu fördern. Trotz seines exzellenten Status ist das ESI eines von 65 außeruniversitären Forschungseinrichtungen, deren Basisbudget das Ministerium nun einspart. Damit es bestehen bleiben kann, wird es in die Uni Wien eingegliedert. ESI-Präsident Klaus Schmidt zum Prozess der Eingliederung, dessen Bedeutung für die Unabhängigkeit der Wissenschaft und zur Zukunft des Forschungssstandorts.


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"Wiener Zeitung": Andere Länder investieren in die Forschung, hierzulande wird gespart. Was erwarten Sie in Anbetracht dieser Tatsache für die Zukunft der Wissenschaft in Österreich?

Klaus Schmidt: Ich bin besorgt. Die Universitäten werden ausgehungert. Und die Bewilligungsrate des Wissenschaftsfonds FWF, der mit Projektförderungen Uni-Budgets aufbessert, ist von 40 auf 30 Prozent gesunken. Für die Grundlagenforschung ist also immer weniger Platz. Für Unternehmen wird die Forschungsprämie angehoben, ohne jede Qualitätskontrolle. Doch die Grundlagen-Forschungspolitik konzentriert sich auf einige wenige exzellente Gruppen, wie Quantenphysik an der Uni Wien oder Genetik am Institut für Molekulare Biotechnologie. Man muss sich aber auch die Basisförderungen anderer Unis anschauen, die zunehmend vom "soft money" des FWF abhängig sind.

Andererseits hat sich Österreich als Forschungsstandort gemausert. Ist Platz 6 in der EU nicht ein Jammern auf hohem Niveau?

Es gab eine zunehmende Forschungsförderung, aber es fehlt der nächste Schritt. Bei Uni-Berufungen stehen wir heute in internationaler Konkurrenz. Und während Österreich in der Forschung spart, investiert Deutschland. Denn es hat erkannt, dass man sich in einen Markt dann einkaufen sollte, wenn die Konditionen schlecht sind. Dadurch kann man dann später aufgrund der Exzellenz, die man aufgebaut hat, die besten Bewerber anziehen. Es muss etwas geschehen, um Forschung auf höchstem internationalen Niveau auf eine breite Basis stellen zu können. Allerdings müsste dazu eine Struktur- und Pensionsreform angegangen werden. Denn ohne sie gibt es auch nicht mehr Geld für mathematische Institute.

Minister planen aber meistens nur für die Dauer ihrer Amtszeit.

Nicht einmal das. Es geht in den nächsten drei Monaten darum, den Protesten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Schon vor zwei Jahren war von einem "Wildwuchs" bei den Außeruniversitären die Rede. Doch anstatt intelligent und systematisch zu bereinigen, wurde in einer Panik-Reaktion auf die Budgetdiskussion im Oktober die Losung ausgegeben, alles zu streichen. Die Vorbereitung war mangelhaft, der Budgetentwurf nicht überlegt, die Planung des Finanzministeriums nicht nachvollziehbar. Darauf gab es internationale Proteste.

Ihr Institut wird als "Forschungsplattform" in die Uni Wien eingegliedert. Was heißt das eigentlich konkret?

Die Finanzierung von Forschungsplattformen ist auf drei Jahre befristet. Somit haben wir eine längerfristige Planung, denn bisher mussten wir jährlich um unser Budget ansuchen. Wie die Dreijahres-Hürde aber bewältigt werden wird, wird man sehen. Noch fehlt uns sogar eine schriftliche Zusage für die Mittel ab 1. Jänner 2011, was aber vermutlich keine böse Absicht ist, sondern nur die Langsamkeit der Mühlen.

Das ESI wurde als freies, internationales Forschungsinstitut gegründet. Was bedeutet die Eingliederung in eine heimische Uni für seinen Auftrag und seine wissenschaftliche Unabhängigkeit?

Das ESI ist wertvoll für die Universität, aber es gibt einen Konflikt der Ideologien. Etwa wurden unsere wissenschaftlichen Belange bisher durch einen Beirat festgelegt - ein Gremium von Doktoren der Mathematik oder Physik, das sich selbst erneuerte durch die Amtszeiten. Als Uni-Plattform ist natürlich alles unter der Kontrolle der Universität, was die Unabhängigkeit naturgemäß einschränken kann. Alles läuft durch einen Filter, weil das Institut sich vom Rektor alles bewilligen lassen muss. Denn schon allein rein formal wird das Institut mit 31. Mai geschlossen und die Forschungsplattform gegründet. Ab dem ersten Juni sind wir keine Rechtsperson mehr, sondern wir haben das "Recht", Verpflichtungen zu fördern, die uns die Uni mitteilt.

Was wird Ihre Position sein ab dem 1. Juni?

Voraussichtlich werde ich das neue Institut nicht weiterführen.

Gehen Sie in Pension?

Ich wäre durchaus alt genug. Das Institut muss sich in seiner neuen Form erst finden und vermutlich ist es gut, wenn das jemand macht, der jünger ist. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass es möglich sein wird, die Forschungsplattform so zu erhalten, dass die Prinzipien des ESI nicht gefährdet sind. n

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