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Kusch, Diener!

Von Walter Hämmerle

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Zynismus ist gemeinhin ein Luxus der Eliten oder all jener, die nichts mehr zu verlieren haben. Nicht so in Österreich.


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"Was ist schiefgelaufen mit der Demokratie?" Das fragte vor einigen Monaten das liberale britische Wochenmagazin "The Economist", um den Ursachen auf die Spur zu kommen, weshalb die einst erfolgreichste politische Idee zuletzt spürbar an Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft verloren hat. Nicht nur, aber eben auch in den entwickelten westlichen Demokratien selbst.

Für Österreich müsste man die Frage etwas anders formulieren, nämlich: Wie konnte es so weit kommen, dass mittlerweile eine beängstigend große Zahl, wenn die Rede auf die heimische Politik kommt, gar nicht mehr zürnt, bebt und zetert, sondern lacht, weil Weinen schließlich auch nichts helfen würde?

Das ist natürlich hochgradig zynisch. Aber Zynismus ist gemeinhin eigentlich ein Luxus der Elite oder zumindest all jener, die glauben, ohnehin nichts mehr zu verlieren zu haben. In Österreich sind aber, so hat es jedenfalls mitunter den Eindruck, gerade diejenigen besonders zynisch, die überproportional von den Dienstleistungen der Politik abhängig sind. Nicht nur natürlich, aber eben doch vor allem.

Wie passt Zynismus zu der Grundhaltung, dass die Probleme am Ende eben doch die Politik richten müsse, weil wer sollte es sonst machen. Ein konsequenter Spötter über die hiesigen Verhältnisse müsste sich doch eigentlich zur Gänze von all jenen abwenden, die er so verachtet. Doch stattdessen steigt mit der mal wütend, mal witzig vorgebrachten Verachtung nur doch wieder die Erwartungshaltung an Politiker und Parteien.

Der Kabarettist und Wutbürger Roland Düringer, der beachtliche 50.000 Unterschriften "gegen die Gier" und für einen U-Ausschuss zur Hypo-Causa sammelte, hat diesen seltsamen Mechanismus am Dienstag im Petitionsausschuss noch einmal vorexerziert: Zwar ermahnte er die Abgeordneten in seiner Rede, sich darauf zu besinnen, dass ihre Hauptaufgabe darin bestehe, den Menschen "zu dienen"; anschließend bekräftigte er sodann seine Überzeugung, selbst nicht Politiker werden zu wollen, mit den Worten, "das wäre für mich ein sozialer Abstieg". Zuvor beschwerte er sich noch über den mangelnden Respekt der Abgeordneten, weil manche offenbar während seiner, Düringers, Rede getratscht haben.

Objektiv betrachtet hat Düringer recht. Die meisten Prominenten würden einen Wechsel in die Politik wohl als sozialen Abstieg empfinden, nur sagen sie es eben nicht in dieser brutalen Offenheit. Und tratschen, während andere reden, ist zumindest in der Politik meist tatsächlich ein Zeichen mangelnden Respekts.

Allerdings atmet auch Düringers Auftritt jenen Zynismus, den er ansonsten selbst anprangert. Zunächst die Diener des Volkes zum Dienen anhalten und dann auf sie einprügeln, indem man ihnen auf der sozialen Hierarchieleiter einen Platz ganz weit unten zuweist: Das zeugt von gesundem Selbstbewusstsein und jener tiefsitzenden Verachtung, die längst zu einem Teil des Problems statt der Lösung geworden ist.

Die Politiker jedenfalls machten gute Miene zum seltsamen Spiel und bedankten sich artig bei Roland Düringer für sein wichtiges Engagement.