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Kuscheln? Wir können auch anders!

Von Walter Hämmerle

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Politik ist bekanntlich kein Mädchenpensionat. Im Folgenden einige Repräsentanten der harten Schule.


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In und rund um St. Pölten herum sind die politischen Uhren scheinbar stehen geblieben - nicht nur, was die politischen Mehrheitsverhältnisse angeht, sondern auch in punkto Umgangston zwischen ÖVP und SPÖ fühlt man sich um Jahrzehnte zurückversetzt.

Vom Kuschelkurs, wie er auf Bundesebene derzeit angeblich so innig gepflegt wird, ist in der rauen niederösterreichischen Landespolitik nichts zu spüren. In den Hauptrollen: Gerhard Karner, Erwin Prölls Mann für alles Grobe, dazu Landesgeschäftsführer und Klubobmann der NÖ-ÖVP. Ihm gegenüber SPÖ-Landesvorsitzender Josef Leitner.

"Jeden Tag herrotzen und lügen, wenn sie den Mund aufmachen. War es gestern der Leitner, ist es heute der Steindl" - gemeint ist SPÖ-Landesgeschäftsführer Günter Steindl. In etwa dieser Tonlage betoniert der schwarze Karner die Roten im Land in regelmäßigen und dabei nicht zu knappen Abständen.

Am liebsten nennt der Schwarze den Roten, der von sich selbst meistens als "Sepp" spricht, nur "Leitner", oder er sagt "der Herr Leitner" - je nach Anlass ergänzt um "Streithansl", "kleiner Gusenbauer" oder "Arbeitsplatzvernichter".

Selbstredend ist auch die SPÖ nicht auf den Mund gefallen. Da ist von "nordkoreanischen Verhältnissen, die in Niederösterreich herrschen", die Rede, für die die ÖVP unter Landeshauptmann Pröll die Verantwortung trage; von einem Land als "Selbstbedienungsladen" für eine Partei, die "im Land Demokratie verhindert will".

Hinter den Anwürfen steckt, auch wenn man es nicht sofort vermuten würde, Strategie: Leitner hat am Schicksal seiner glücklosen Vorgänger gesehen, dass ein Kuschelkurs mit der ÖVP den eigenen Niedergang nicht aufhalten konnte -

also versucht es der "Sepp" nun auf die harte Tour. Aber da hat er sich beim "Erwin" den Falschen ausgesucht: Die ÖVP entmachtete kurzerhand die unbotmäßige Oppositionspartei in der Landesregierung.

Ähnlich erbittert wird zwischen SPÖ und ÖVP sonst nur noch im Burgenland gestritten. Aktueller Anlass sind tatsächliche oder angebliche Verfehlungen bei der Gemeindeaufsicht: Die SPÖ verweist auf Missstände in einer schwarzen Gemeinde, die ÖVP prompt auf solche in einer roten . . . - auch hier sind beide in einer Proporzregierung aneinandergekettet.

Viel zu wenig wird auch der Kleinkrieg gewürdigt, den einander die EU-Spitzenkandidaten Andreas Mölzer und Hans-Peter Martin liefern. Da fühlt sich der Blaue vom Parteifreien denunziert und umgekehrt. Glaubt man der Austria Presse Agentur (APA), so steht in diesem Streit die Mehrheit des EU-Parlament ausnahmsweise auf der Seite des ansonsten kaum mehrheitsfähigen Mölzers: Seine Forderungen nach einer Entschuldigung Martins und dessen Verurteilung durch das Parlamentspräsidium wurden "vom Plenum mit Applaus bedacht".

Außer Konkurrenz in der Rangliste der Bad Boys tritt der scheidende grüne EU-Mandatar Johannes Voggenhuber an, der sich in der "Presse" nicht einmal zu einer Wahlempfehlung für seine Partei herablassen wollte. Außer Konkurrenz deshalb, weil bei den Grünen mittlerweile niemand mehr mit ihm in den Infight geht.