Zum Hauptinhalt springen

Lachen hat Historie

Von Hans-Paul Nosko

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Gleich vorweg gesagt: Ich höre Ö1 ausgesprochen gerne. Bereits die unaufgeregte Stimmlage der Sprecherinnen und Moderatoren ist ein wohltuender Gegensatz zur geheuchelten Heiterkeit anderer Sender. Und sowohl Auswahl als auch Aufbereitung der Themen bestechen oft durch intellektuelle Tiefe. Eben dadurch geht Ö1 zuweilen sich selbst auf den Leim.

Das dieswöchige "Radiokolleg" befasst sich u. a. mit dem Lachen (bis Donnerstag 9.05, Wh. 22.15 Uhr). Unter dem Titel "Wer lacht, ist kein Untertan" spannt sich ein breiter Bogen, der gestern im alten Rom begann und über Mittelalter und Moderne bis hinein ins 20. Jahrhundert führte. Die Rede war von den römischen Saturnalien, bei denen die Regeln umgekehrt wurden und die Herren ihre Sklaven bedienen mussten, wir erfuhren von Ordensregeln, die das Lachen als Verstoß gegen Schweigen und Demut unter Strafe stellten. Ein Kulturwissenschaftler zog Vergleiche zwischen dem mittelalterlichen Karneval in Europa und seinen heutigen Gegenstücken in Mexiko und Rio. Seneca kam zu Wort, Shakespeare, Büchner und Beckett ebenso. Eine Kulturhistorikerin erzählte von einem Fastnachtsfest zur Zeit der Hugenottenkriege, das in eine blutigen Revolte ausartete, und machte auch beim Brand des Wiener Justizpalastes 1927 karnevaleske Elemente aus.

Es war, wie meistens, ein äußerst interessant und ein hoch intellektuell dargebotener Beitrag - quasi eine Kulturgeschichte des Lachens. Aber gelacht habe ich dabei kein einziges Mal.