Im griechischen Schuldenstreit ging es am Donnerstag um eine Lösung in letzter Sekunde.
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Athen/Berlin/Brüssel. Viel Hoffnung gab es nicht, als die Finanzminister der Eurogruppe am Donnerstag zum Stelldichein in Luxemburg zusammenkamen. Es ging um eine Lösung im griechischen Schuldenstreit, die Zeit drängte, doch niemand rechnete mit einem Kompromiss. Viel war vom Pokern bis zur letzten Sekunde die Rede, EU-Ratspräsident Donald Tusk brachte es auf den Punkt: "Es gibt keine Zeit mehr für Spielchen. Sonst könnte es nämlich in den nächsten Tagen heißen: ,Das Spiel ist aus‘." Sicher ist, dass das Hilfsprogramm für Griechenland Ende Juni ausläuft, während das Land gleichzeitig Milliardenkredite zurückzahlen muss. Pleite und Euro-Ausstieg erscheinen jetzt zunehmend real. So sehr, dass in Brüssel kurzzeitig das Gerücht zu hören war, die Staats- und Regierungschefs planten einen Sondergipfel noch an diesem Wochenende, um das traurige Spiel zu beenden. Doch auch diese Gerüchte verflüchtigten sich. Zuletzt war nicht mehr klar, wer von den Akteuren überhaupt noch an ein gutes, einvernehmliches Ende im griechischen Schuldendrama glaubt. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel beteuerte zwar, dass sie alles tun wolle, um Griechenland in der Eurozone zu halten. Wo ein Wille, da ein Weg, betete sie vor. Doch gerät die mächtigste Frau der Welt innenpolitisch zunehmend unter Druck. Die, die sich gegen jede weitere Hilfe für die Hellenen aussprechen, werden mit jedem Tag, der ohne Lösung verstreicht, stärker. Nur noch Linksfraktion und Grüne fordern im Bundestag Solidarität mit den Griechen.
Niemand weiß, ob Merkel nur noch pro forma bei der Sache ist - um sich nicht später vorwerfen lassen zu müssen, sie habe nicht alles versucht. Dazu kommt, dass sich keiner der Protagonisten im Schuldenstreit in die Karten schauen lässt. Eine Prognose, wie es weitergeht, war deshalb unmöglich. Manche versuchten es gestern zu Beginn des Treffens mit Humor. Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir etwa meinte, er glaube "an Wunder", immerhin sei er Katholik. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble ist nicht als besonders launig bekannt. Vor allem, wenn es um die mehr als 50 Milliarden Euro geht, die Berlin an Krediten vergeben hat. Er meinte, man warte, dass Athen seinen Verpflichtungen nachkomme. Der finnische Finanzminister Alexander Stubb stellte erstmals die Möglichkeit einer weiteren Verlängerung des Hilfsprogramms in den Raum: "Es gibt zwei Möglichkeiten. Eine Art Verlängerung - unter Bedingungen. Oder einen Staatsbankrott". Allgemein ging man gestern eher davon aus, dass Griechenland nicht einlenken und einer weiteren Kürzung der Pensionen nicht zustimmen würde.
Immerhin: Primärüberschuss
Unterdessen hat Athen unter Varoufakis’ Regie eine überraschend positive Haushaltsbilanz zustande gebracht, wie gestern bekannt wurde. Von Jänner bis Mai kam man auf einen Primärüberschuss - das ist der Haushalt ohne Zinskosten - von 1,51 Milliarden Euro. Erwartet worden war ein Defizit von 556 Millionen Euro. Möglich gewesen sei dies durch kräftige Kürzungen bei den Ausgaben, hieß es in Athen. Diese seien um 2,6 Milliarden Euro geringer als eigentlich angestrebt ausgefallen. Wenig erfreulich sind die Steuereinnahmen: Sie lagen in den ersten fünf Monaten um gut eine Milliarde Euro niedriger als geplant. Ein Grund dafür war der Rückfall in die Rezession. Athen hat angekündigt, dass man Ende Juni die fälligen Zahlungen an den IWF nicht leisten werde, wenn es keine Einigung gebe. Das bringt IWF-Chefin Christine Lagarde auf den Plan. Sie meinte gestern kryptisch, sie hoffe, dass es nicht dazu komme. Und: Athen müsse sein Pensionssystem reformieren.