FPÖ nicht mehr historisches "Drittes Lager", Politik wurde vielfältiger.
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Die Krise der FPÖ ist ein hochaktuelles Thema - bei dem mit Begriffen aus dem Jahr 1954 hantiert wird. Damals teilte Adam Wandruszka Österreich in drei Lager: christlich-sozial, sozialdemokratisch und nationalliberal. Der Historiker beschrieb damit die tiefen ideologischen Gräben der Ersten und Zweiten Republik.
Bis heute werden die Freiheitlichen oft als "Drittes Lager" bezeichnet. Doch Politik sieht längst ganz anders aus: Wählten 1983 neun von zehn Österreichern SPÖ und ÖVP, schaffen es die beiden derzeit mit Mühe über die 50-Prozent-Marke. Die Grünen sind etabliert, Stronach erringt aus dem Stand zehn Prozent. Auch die Freiheitlichen sind nicht mehr, was sie waren: Das historische Sammelbecken für Anwälte, Mediziner und Burschenschafter buhlt als "soziale Heimatpartei" um Modernisierungsverlierer.
Gesellschaftspolitische Trennlinien sind ebenfalls aufgebrochen; ÖVP-Anhänger treten für die Homo-Ehe ein, Sozialdemokratie und Kirche sind versöhnt. Pannenhilfe erhält man zwar bis heute beim roten Arbö oder schwarzen ÖAMTC. Doch das sind Relikte einer vergangenen Zeit, zu denen auch der Lagerbegriff zählt.