Italien schob mit zwei Flugzeugen 60 Personen wieder nach Tunesien ab. | Seit Jahresbeginn kamen schon rund 27.000 Flüchtlinge. | Lampedusa. Mit zwei Flügen brachten die italienischen Behörden am Montag 60 illegale Einwanderer direkt von der Mittelmeerinsel Lampedusa zurück nach Tunesien. Aber allein seit Sonntagabend kamen wieder rund 700 neue Flüchtlinge in Booten auf der nur 20 Quadratkilometer großen Insel zwischen Sizilien und Tunesien an. Rund tausend Flüchtlinge befinden sich derzeit wieder auf Lampedusa. Das Auffanglager, das für 850 Personen Platz hat, ist neuerlich überfüllt.
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In Lampedusa, wo seit Jahresbeginn schon rund 27.000 Flüchtlinge aus Afrika eingetroffen sind, befürchten die Behörden Aufstände unter den Migranten, die nach dem zwischen Italien und Tunesien in der Vorwoche unterzeichneten Abkommen repatriiert werden sollen. Allen, die nach dem 5. April eingetroffen sind, droht die Abschiebung in ihre Heimat.
Flüchtlinge wehren sich gegen Abschiebung
Am Sonntag war es zu ersten Protesten der Migranten gekommen. Zwanzig von ihnen hatten sich selbst Verletzungen zugefügt, um nicht nach Hause geschickt zu werden.
Deshalb gab es am Montag besonders strenge Sicherheitsvorkehrungen für die zu Repatriierenden. Jeder Tunesier wurde von zwei italienischen Polizisten begleitet. Sie wurden auch nicht darüber informiert, dass sie nach Tunesien abgeschoben werden sollen.
Die Rückführungen nach Tunesien hatten am Mittwoch begonnen. Die italienischen Sicherheitskräfte hatten den 30 Betroffenen gesagt, dass sie nach Catania in Sizilien oder nach Brindisi auf dem Festland überstellt würden, um Protesten entgegenzuwirken. An Bord wurden ihnen dann die Mobiltelefone abgenommen und Plastikhandfesseln angelegt. Ein italienischer Sicherheitsmann erzählte nach seiner Rückkehr, dass die Repatriierten von tunesischen Sicherheitsbeamten entkleidet und mit Schlagstöcken in bereitstehende Autobusse geprügelt wurden.
"Wir setzen auf die psychologische Überzeugung. Die Repatriierungen sollen zeigen, dass es sich nicht auszahlt, die Menschenhändler zu bezahlen und auf den Flüchtlingsbooten das Leben zu riskieren", hatte Italiens Premier Silvio Berlusconi am Wochenende bei seinem zweiten Besuch auf Lampedusa binnen zwei Wochen betont. Italien stellt nach den Worten des Regierungschefs Tunesien konkret Hilfe zur Verfügung: 150 Geländewagen und vier Schnellboote für die Kontrolle der Küsten. Außerhalb der territorialen tunesischen Gewässer kreuzen zwei Schiffe der italienischen Marine, die den tunesischen Behörden Flüchtlingsboote melden sollen.
Berlusconis Probleme mit Lampedusa-Villa
Berlusconi hat in Lampedusa derzeit aber nicht nur ein Flüchtlingsproblem. Bei seinem ersten Besuch auf der Insel am 30. März hatte er stolz erklärt, dass er am Tag zuvor über das Internet eine Villa auf der Insel gekauft habe. In den vergangenen Tagen stellte sich aber heraus, dass die Immobilie auf öffentlichem Grund steht, worauf dem Premier kurzfristig die Lust vergangen ist. Jetzt meint er aber, die Besitzer können ja eine Sanierung beantragen und die Kosten begleichen. Auf jeden Fall hat sich Berlusconi auch für die Villa des verstorbenen Sängers Domenico Modugno (Volare) interessiert. Die gehört derzeit aber seinem Parteifreund Valerio Baldini, der Abgeordneter im Europäischen Parlament ist.