Vizekanzler will einige Ideen noch bis zur Wahl umsetzen - SPÖ übt Kritik.
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Wien. "Land der Erfolge". Dieses Schlagwort ist nicht als textliche Erweiterung der Bundeshymne gedacht, sondern die Zukunftsvision einer Expertengruppe, die auf Initiative von Vizekanzler und ÖVP-Parteichef Michael Spindelegger Reformvorschläge in zehn Arbeitsgruppen erarbeitet hat. Unter dem Namen "Österreich 2025" haben sich seit dem Frühjahr etwa 300 (und nicht nur ÖVP-nahe) Unternehmer, Wissenschafter und Entscheidungsträger getroffen, um teils radikale Reformwünsche zu formulieren.
"Ich wollte es einmal umdrehen. Nicht die Politik soll den Unternehmern Vorschläge unterbreiten, sondern die Unternehmer der Politik", sagt Spindelegger. Am Montag wurden die Ergebnisse präsentiert, bekam also auch Spindelegger das, was er wollte. Und er erhielt sogar Vorschläge, die er nicht wollte. "Manches gefällt mir gar nicht", sagt er und nennt die Aufweichung des Kündigungsschutzes für über 50-jährige Arbeitnehmer als Beispiel.
Die Ideen, als "Stellhebel" betitelt, sollen Österreich auf praktisch allen Ebenen - Bildung, Verwaltung, Forschung, bei Integration und Nachhaltigkeit - zu einem Vorbild in Europa machen, und mehr noch: "An der Weltspitze", so steht es in der 127-seitigen Broschüre des durch private Gelder finanzierten Vereins "Unternehmen Österreich 2025".
Unter den Vorschlägen finden sich durchaus auch altbekannte Ideen wie jene nach weiteren Privatisierungen ("so viel Staat wie nötig, so viel privat wie möglich"), einem Dogma der Regierung Schüssel. Aus den Reihen des Koalitionspartners SPÖ kamen auch bereits ablehnende Stellungnahmen zu dem Papier. Beim Thema "Aufgaben des Staates" sei es "kurzsichtig und ein politischer Irrweg", wie Finanzsprecher Jan Krainer erklärt. Auch den Vorschlägen zu einer Steuerreform - Abgabenquote unter 40 Prozent - kann die SPÖ nichts abgewinnen. Dabei betont der Verein seine politische Unabhängigkeit und will die Vorschläge auch anderen parlamentarischen Fraktionen sowie den Sozialpartnern präsentieren.
Ruf nach Uni-Zugangsregeln
Nicht sehr konkret wird das Expertengremium beim Thema Bildung. Gesamtschule? Ganztagsschule? Für Personalberater Gerhard Krassnig, Leiter der zuständigen Arbeitsgruppe, sind das ideologische Begriffe, die man bewusst vermeiden wollte. Der Verein propagiert die unabhängige Schule, die größtmögliche Autonomie erhalten soll. Der jeweilige Direktor soll die Lehrer auswählen können, die Eltern freie Schulwahl haben und Lehrer besser ausgebildet werden. Bei den Hochschulen spricht sich die Reformgruppe dezidiert für Studiengebühren und "intelligente Aufnahmeregeln" aus, ohne dies jedoch genau zu präzisieren. Als Abkehr vom Prinzip, wonach alle studieren können, will das Krassnig aber nicht verstanden wissen: Der Vorschlag "sieht Durchgängigkeit bis zur tertiären Ebene vor", sagt er. Trotz Zugangsbeschränkungen.
Dass sich in dem Papier gewisse Forderungen widersprechen, ist "Österreich 2025" durchaus bewusst. So werden arbeitsrechtliche "Sonderregeln, die über den Kollektivvertrag hinausgehen", propagiert, andererseits wünscht sich die Unternehmerin Ursula Simacek, die Leiterin der Gruppe Arbeitswelt, rechtliche und finanzielle Anreize für Unternehmen, wenn diese Kriterien unternehmerischer Gesellschaftsverantwortung (CSR) erfüllen.
Noch in dieser Legislaturperiode will Spindelegger einige Ideen verwirklichen, etwa die Installierung von "Österreich-Häusern" im Ausland sowie die Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts, das Gros der Ideen sind Ziele für die kommende Regierung. Das von "Österreich 2025" geforderte Lehrer-/Schüler-Verhältnis 1:15 "ist morgen sicher nicht finanzierbar", sagt Spindelegger.