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Am Dienstag ereignete sich wieder einmal ein Klassiker der Innenpolitik, diesmal in Kaprun, wo die Landeshauptleute den Bund dringend zu Reformen aufforderten. Selbstverständlich nur in Bereichen, die ihre Interessen nicht, oder wenn doch, dann nur positiv tangieren. Jetzt kann es nur noch eine Frage von Tagen sein, bis ein hochrangiger Vertreter der Bundesebene das Kompliment zurückgibt und die Damen und Herren Landeshauptleute als Bremser brandmarkt. Und dann wird wieder ein . . . und immer so weiter und immer so fort.
Allerdings hat in der seit dreißig Jahren bis zur Erschöpfung diskutierten Frage einer Steuerhoheit für die Länder nun der Bund einen epochalen Schritt vollzogen - und eine Studie über die möglichen Folgen in Auftrag gegeben. Immerhin: Die p.t. Landeschefs wurden davon laut eigenem Befinden durchaus überrascht. Das hat es dann doch schon länger nicht mehr gegeben.
Es gab jedoch auch Good News aus Kaprun: Motiv für den Reformappell der Länder sind deren unter dem Eindruck eines neuerlichen Wirtschaftsabschwungs einbrechende Ertragsanteile. Bei wesentlichen Kosten - vor allem Pflege und Gesundheit - sitzen die Länder auf dem kürzeren Ast, daher ihr Drängen auf Strukturreformen zu ihren Gunsten.
Zu den wahren und eigentlich recht traurigen Einsichten in die Politik gehört, dass nur zu schmerzhaften, aber notwendigen Maßnahmen bereit (und fähig) ist, wem das Geld auszugehen droht oder bereits ausgegangen ist. Diese Konstellation ergäbe sich theoretisch zwar alle fünf Jahre, wenn der Finanzausgleich unter Federführung des Finanzministeriums neu ausverhandelt wird - in der realpolitischen Praxis hat sich jedoch noch keine Bundesregierung gegen die Phalanx der Bundesländer durchsetzen können. Möglicherweise gelingt mit Unterstützung der Krise, was ohne diese bisher aufgrund mangelnder politischer Durchsetzungsfähigkeit nicht machbar war.
Grundsätzlich hat Föderalismus das Potenzial, Österreich für die Bürger lebenswerter, ja sogar effizienter zu gestalten. Doch dazu bedarf es politisch eigenständiger Gestaltungsräume. Ohne diese bleibt Österreichs Föderalismus ein Spielplatz egomanischer Eitelkeiten mit ewiger Lizenz zum folgenlosen Poltern samt willkürlichem Vetorecht. Es besteht durchaus die Gefahr, dass dies eines Tages auch die Bürger realisieren.