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Land des "Job Holder Value"

Von Erika Bettstein

Wirtschaft

"Da lobe ich mir den Mittelstand", sagte Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein bei der Präsentation des "Wirtschaftsberichtes 2002" am Donnerstag in der Wiener Börse. Denn die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Österreichs seien nicht nur der Motor der Wirtschaftskraft und der Reformen, sondern würden dem internationalen Share Holder-Denken einen "Job Holder Value" entgegensetzen.


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Wie die Statistik der Wirtschaftskammer Österreich ausweist, beschäftigen 238.802 Betriebe mit unter 100 MitarbeiterInnen (von insgesamt 242.327 Unternehmen in Österreich per Jänner 2002) 53,4% oder 1,377.857 aller 2,579.919 Beschäftigten. Es seien gerade die KMU, die den "Jobholder Value" gewährleisten und damit gesellschaftspolitische Verantwortung wahrnehmen, betonte Bartenstein. Themen der Arbeitsmarktpolitik, die den Wahlkampf in Deutschland füllen, seien "in Österreich längst umgesetzt" - eine Feststellung, die vor Bartenstein auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel traf.

"Gewaltige Benchmark-Projekte" in Österreich

Im Vergleich zur Deutschen Bundesanstalt für Arbeit könne das österreichische Arbeitsmarktservice (AMS) nach der Reform in Relation auf wesentlich niedrigere Verwaltungs- und Personalkosten verweisen. Das AMS sei mit durchschnittlich 15 Wochen Vermittlungsdauer ab Meldung der Arbeitslosigkeit der Bundesanstalt (33 Wochen) weit überlegen.

Auch seien in Österreich Bereiche wie die Förderung der Selbstständigkeit Arbeitsloser, Zeitarbeit oder die Vermittlungstätigkeit privater Arbeitskräfteüberlasser bereits geregelt und in die Arbeitsmarktpolitik integriert.

Die EU-Kommission orte in Österreich "Vorzeigeprojekte", erklärte der Bundeskanzler: Als eine "gewaltige Benchmark" bezeichnete er das in Europa einzigartige österreichische EDV-Schulungszentrum für Gehörbehinderte.

2001 ist es trotz internationaler Konjunkturturbulenzen in Österreich zu einem Anstieg um 0,5% auf die Rekordzahl von 3,148.155 unselbstständig Beschäftigten (Frauen: über 1,4 Millionen/plus 1,7%; Männer: über 1,7 Millionen/minus 0,5%) gekommen, heißt es im Bericht. Die Beschäftigungsquote ist mit 68,4% gleich geblieben. Die Zahl der Geringfügig Beschäftigten (plus 4,3% auf 205.187) sowie der Freien Dienstverträge (plus 6,1% auf 23.720) habe 2001 zugelegt.

Sonderkapitel: Erfolgreiche NAP-Evaluierung

Ein leichter Anstieg der (registrierten) Arbeitslosigkeit sei nicht zu verhindern gewesen; gemäß EU-Definition sei die Arbeitslosigkeit sogar um 0,1 Prozentpunkte zurückgegangen. 2001 hat es demnach rund 203.900 Arbeitslose gegeben (plus 4,9%; Frauen: plus 2,0%, Männer: plus 7,3%), gleichzeitig hätte sich aber die Dauer der Arbeitslosigkeit im Schnitt von 118 Tagen im Jahr 2000 auf 106 Tage 2001 verkürzt. Nach EU-Definition hat die Arbeitslosigkeit 3,6% (EU-Durchschnitt: 7,4%) betragen.

Die beschäftigungspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung hätten dabei u.a. dazu geführt, dass die Langzeitarbeitslosigkeit um 41% gesunken ist und die Arbeitslosigkeit älterer Menschen (ab 50 Jahre) um 1,7% gedrückt werden konnte. Insgesamt wurden die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik 2001 um 20,5% auf 883,8 Mill. Euro angehoben.

Ein Sonderkapitel des Berichtes ist ersten Evaluierungsergebnissen des "Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung" (NAP) für 1998 bis 2002 gewidmet. Zu den zentralen Effekten dieses - von der vorigen Bundesregierung zur Stärkung des Arbeitsmarkts beschlossenen "Jobpakets" - heißt es: "Die NAP-konformen Maßnahmen trugen rund 0,55 Prozentpunkte zum jährlichen Wachstum des realen BIP von 2,34% bei". Ohne diese Maßnahmen wäre im Laufe der Fünfjahresperiode "nahezu kein zusätzliches Arbeitsvolumen geschaffen worden". Ohne die Qualifikation von Arbeitslosen in Berufsfeldern, in denen sich Betriebe mit Knappheit konfrontiert gesehen hatten, wäre das reale BIP-Wachstum (pro Jahr) um 0,32% niedriger gelegen, und ohne die durch NAP-Maßnahmen angeregte Beschleunigung von Firmengründungen wäre das reale BIP-Wachstum um 0,23% geringer ausgefallen. Die Gründungen würden jährlich 7.000 neue Jobs bringen. Auch wäre die reale Zunahme der Stundenproduktivität ohne die umgesetzten "Bildungsoffensiven" um 0,08 Prozentpunkte niedriger gewesen. Das BIP-Wachstum von 1998 bis 2002 habe es zudem erlaubt, pro Jahr das nachgefragte Arbeitsvolumen um rund 0,51% oder 30,2 Millionen Stunden zu steigern, so die EU-Evaluierung. Insgesamt seien durch NAP-Maßnahmen in Österreich zusätzlich 92.900 Arbeitsplätze geschaffen worden.