Wien - Im vergangenen Monat hat Franz Krösbacher gemeinsam mit einem Team der Caritas Innsbruck Burkina Faso erkundet. Er ist der Verantwortliche der Tiroler Landesregierung für den Bereich Entwicklungszusammenarbeit, die gemeinsam mit der Caritas Tirol ein Säuglingsheim in Bobo Dioulasso unterstützt. Zu den sogenannten "Schreibtischtätern" scheint Krösbacher auf alle Fälle nicht zu gehören. Er zieht es vor, Partner persönlich kennen zu lernen und Entwicklungsprojekte möglichst an Ort und Stelle zu besuchen.
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Während des Besuchs in Burkina Faso, dem "Land der Unbestechlichen", wie es in der Übersetzung heißt, wurde auch eine Partnerschaft mit der Region Houet vereinbart. Besichtigt wurden auch mehrere Frauenprojekten und eine neu gegründete Landwirtschaftsschule.
Tirol und die Caritas wollen vor allem die Ausbildungsaktivitäten im Agrarbereich fördern. Ein Memorandum für eine zehnjährige Partnerschaft ist bereits unterzeichnet worden. Die Finanzierung soll zu je 50 % vom Land Tirol und von der Caritas Innsbruck getragen werden.
Nachdem es in Houet mehr regnet als in anderen Gegenden des Landes, spielt dieser Sektor eine große Rolle. Die Universität in Bobo Dioulasso gründete deshalb ein Institut für ländliche Entwicklung. Die Studenten haben dort die Möglichkeit, sich in den Fachbereichen Agronomie, Wasser- und Forstwirtschaft sowie Viehzucht ausbilden zu lassen.
Begonnen hatte die Kooperation mit dem Land Tirol im letzten Jahr. Der Botschafter von Burkina Faso in Österreich, Thomas Sanon, hatte die Caritas Innsbruck kontaktiert, die sich bereits seit über 25 Jahre für Burkina Faso einsetzt. Ziel der Unterredung: Der Rektor der jungen Universität in Bobo Dioulasso sollte gemeinsam mit einem kleinen Team nach Österreich kommen, um Kontakte für ihre erst 1997 gegründete Universität zu knüpfen. Die Caritas Innsbruck war bereit, die Delegation zu empfangen und setzte sich auch für einen Besuch bei Landeshauptmann Wendelin Weingartner ein.
Das Säuglingsheim, so Verena Egger, die mit Christine Hoffinger und Bernhard Fischer dem Caritas-Team angehörte, das den EZA-Beauftragten Krösbacher begleitet hat, stellt vor allem eine Hilfe für jene Familien dar, bei denen die Mutter die Geburt des Kindes nicht überlebt hat.
Die Väter sind in solchen Situationen oft sehr ratlos und auch die Großfamilien der Stadt Bobo Dioulasso stehen oft an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Die Idee der Gründung eines Säuglingsheimes entstand, nachdem den Ordensschwestern vermehrt Säuglinge vor die Türe gelegt wurden.
Den Familien werden ihre Sprößlinge maximal ein Jahr lang abgenommen. Es ist jene Zeit, wo die Kinder mit Milch ernährt werden müssen, die in Burkina Faso zumeist nur sehr teuer zu erstehen ist.
Die Verwandten besuchen die Kinder inzwischen jedoch regelmäßig. Zum Zeitpunkt, wo die Kinder stark genug sind und sich die Familien zur Pflege des Kindes, auch ohne Mutter, imstande fühlen, wird das Kind wieder der Familie übergeben. Heute werden nach Angaben von Schwester Cécile kaum mehr Kinder vor die Türe ihres Ordens gelegt. Die Betroffenen wissen inzwischen, dass sie im Zentrum Beratung und vorübergehende Unterstützung erfahren können.
Tirol und die Caritas wollen Hilfe über den Transfer finanzieller Mittel hinaus bewerkstelligen. Bereits Ende April ist Melanie Knapp, eine junge Familienhelferin der Caritas Innsbruck, nach Burkina Faso gereist. Sie wird für ein Jahr im Säuglingsheim mitarbeiten. Und vielleicht wird es auch bald Studenten aus Burkina geben, die eine Fort- oder Ausbildung in Innsbruck absolvieren können.
Franz Krösbachers Resumee über seine Reise: "Es ist erstaunlich, wie aufgeschlossen die Leute trotz ihrer Armut sind und sogar bereit sind, das Letzte zu geben. Das stimmt einen sehr nachdenklich. Es ist wohl der Beweis dafür, dass Zufriedenheit und Lebensglück nicht allein mit materiellen Dingen in Zusammenhang stehen".
Das durch den ehemaligen Präsidenten Thomas Sankara 1984 von "Obervolta" auf "Burkina Faso" umbenannte Land ist mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen von 250 Dollar (umgerechnet rund 3.750 Schilling) eines der ärmsten auf dem afrikanischen Kontinent.