Interview mit SP-Energie- und Verkehrssprecher Eder. | Asfinag will Vignettenpreis auf 100 Euro anheben. | Koralmtunnel "nur gleichzeitig" mit Semmeringtunnel. | "Wiener Zeitung":Sie sind seit heuer neuer Energiesprecher der SPÖ. Seit mehr als 10 Jahren streitet man über eine österreichische Stromlösung. Wie sieht aus Ihrer Sicht die künftige Struktur der heimischen E-Wirtschaft aus?
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Kurt Eder: Auf alle Fälle so, dass wir ein Mitspieler in der europäischen Stromlandschaft sein können. Das heißt für mich: Unser Flaggschiff ist der Verbund, der hier als Leitgesellschaft auftreten kann. Daher halte ich es für falsch, Verbund-Anteile des Bundes auf Landesgesellschaften wie etwa die EVN oder die Wiener Stadtwerke aufzuteilen. Für richtig halte ich das Umgekehrte, dass man nämlich Anteile dieser Landesgesellschaften in Richtung Verbund bringt, und das der Verbund ein Konzept entwickelt, wo es durchaus möglich sein könnte, dass Anteile der Republik reduziert werden. Ein Staatsanteil von 25 Prozent plus einer Aktie ist durchaus denkbar, wenn ein Konzept vorhanden ist, mit dem der Verbund ein europäischer Energiekonzern werden könnte.
Heißt das, dass sich Landesgesellschaften und Verbund wechselseitig aneinander beteiligen sollen, wobei die Mehrheit und damit die Leitung beim Verbund bleiben soll?
Nein. Ich bin der Meinung, dass eine Beteiligung der Landesgesellschaften am Verbund diesen eher an der Entwicklung hindert. Es müssten Landesgesellschaftsanteile einfach an den Verbund verkauft werden. Verbund-Aufsichtsrat und Management müssten dann entscheiden, in welche Richtung sich der Verbund mit großen anderen Energiegesellschaften ausrichtet und stärkt. Wenn es hier gute Vorschläge gibt, dann ist meiner Meinung nach der Zeitpunkt gekommen, dass man mit der Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament agiert. (Die 51-Prozent-Beteiligung des Bundes am Verbund ist per Verfassungsgesetz abgesichert, und kann daher nur gemeinsam von SPÖ und ÖVP abgeändert werden, Anm.)
Wenn man die Länder draußen halten will, heißt das, dass der Verbund-Partner wohl ein Ausländer sein wird.
Ein Europäer. Wir sind in der Europäischen Union und müssen auch als kleines Land europäisch denken.
Es gab schon einmal das Projekt einer Strom-Ehe zwischen Verbund und der deutschen E.On.
Für E.On gilt dasselbe wie für die heimischen Landesgesellschaften: Solange das Land Bayern beteiligt ist, macht das keinen Sinn. Sonst könnte ich ja genauso die heimischen Landesgesellschaften hereinnehmen. Gleiches würde für die EnBW gelten, an der die Kleingemeinden Baden-Württembergs beteiligt sind.
Was wäre mit der OMV als Partner für den Verbund? Im Vorjahr wurde das ja versucht.
Das Projekt war gut vorbereitet und hätte Sinn gemacht. Aber auch hier war es letztendlich so, dass die Länder - unter anderem Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll - im letzten Moment politisch Nein gesagt haben, und daher ist das Projekt gestorben . . .
. . . um der Wahrheit die Ehre zu geben: Auch die SPÖ hat letztlich dagegen gestimmt.
Na ja, wenn der Pröll nicht mittut, warum soll die SPÖ dann die Fahne in die Hand nehmen. Das wäre ja politischer Selbstmord. Da wurden ja zum Teil absurde Argumente, wie etwa der angebliche Ausverkauf des Wassers, vorgebracht, und am Ende wollte keiner auf der Seite stehen, die nicht das Wasser schützt. Meines Erachtens bleibt das Projekt tot, denn die OMV ist ein börsennotiertes Unternehmen, und als solches muss man so einen Plan entweder umsetzen oder fallen lassen. Und um nie wieder in so eine Situation zu kommen, wird sich die OMV hüten, jemals wieder so etwas voranzutreiben. Denn unsere Aktionäre in New York und London haben ja geglaubt, wir sind geisteskrank.
Thema Straße: Im Koalitionspakt ist vereinbart, dass der Preis für die Vignette künftig an die Inflation angepasst wird. Was genau heißt das? Das man 2008 den Vignettenpreis um die Inflationsrate des Jahres 2007 anhebt, oder dass man die gesamte Inflation seit der letzten Preiserhöhung im Jahr 2001 einrechnet?
Das ist ja die Streiterei. Wenn man 2008 beginnt, die normale Inflationsrate draufzulegen, sind das natürlich Peanuts. Jetzt ist die Frage, ob man rückwirkend die Zeit, die man nicht valorisiert hat - das ist die Forderung der Asfinag - nachholt. Auf den Punkt gebracht: Die Asfinag will jetzt von den 72,60 Euro gleich bis auf etwa 100 Euro kommen. Das ist eine Sache für den Verkehrs- und den Finanzminister; die sollen das klären. Ich persönlich habe genug von den Belastungen für Autofahrer. Ich würde stattdessen eine flächendeckende Lkw-Maut befürworten.
Wie könnte man eine solche Maut umsetzen?
Das ist sehr einfach : Man kontrolliert den Kilometerstand der Lkw zu Jahresbeginn und Jahresende, und verrechnet dann die Maut.
Und bei ausländischen Lkw?
Da kontrolliert man den Kilometerstand an der Grenze, bei der Ein- und bei der Ausfahrt. Die stehen ohnehin stundenlang bei jeder Grenze, also kommt es darauf auch nicht mehr an.
Kommen wir zum Thema ÖBB: Der Chef der Eisenbahnergewerkschaft, Wilhelm Haberzettl, sagt zum Thema Koralmtunnel: Wenn dieser gebaut würde, müsste die Bahn alle anderen Bauvorhaben einstellen .
Wenn man tatsächlich unbedingt die beiden Metropolen Graz und Klagenfurt um 4,3 Mrd. Euro verbinden will, dann müssen wir eigentlich in Österreich noch sehr viel Geld zur Verfügung haben. Wo das ist, weiß ich zwar nicht, aber es muss irgendwo sein. Daher ist das Konzept der SPÖ: Semmeringtunnel und Koralmtunnel machen nur dann Sinn, wenn sie in etwa auch zum gleichen Zeitpunkt fertiggestellt werden. Wenn nur einer der beiden Tunnel gebaut wird, wird man immer Probleme haben, mit bestimmten Zügen, bestimmten Tonnagen oder bestimmten Geschwindigkeiten von Norden nach Süden durchzufahren.
Was wäre für Sie das wichtigste Bahnprojekt?
Die Westbahn fertig zu bauen, damit man überhaupt einmal eine Bahnstrecke fertig hat. Das zweitwichtigste ist der Bahnhof Wien-Mitte-Europa, weil wir hier einen Durchzugsbahnhof in Richtung Osteuropa brauchen.
Im Regierungspakt ist auch eine Reform des ÖBB-Dienstrechts vorgesehen. Was heißt das für Sie?
Das weiß ich nicht.
Sie wissen es nicht?
Ich bin Parlamentarier. Ich mische mich nicht ein, wenn der Betriebsrat bei General Motors etwas mit der dortigen Geschäftsführung ausmacht. Warum soll ich mich dann bei der Bahn einmischen?