Ein Bundesratspräsident Kampl soll verhindert werden - aber nicht per Gesetz. Das sagen die Landeshauptleute von Oberösterreich und Burgenland, Josef Pühringer (ÖVP) und Hans Niessl (SPÖ). Pühringer sprach am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal" von einer "Anlassgesetzgebung". Und Niessl warnte vor einem Schnellschuss. Stattdessen sollte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ein Machtwort sprechen.
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Die sauberste Lösung wäre ein Rücktritt, erklärte der Politologe Anton Pelinka im Gespräch mit der Wiener Zeitung. Doch Kampl war am Sonntag vom Rücktritt zurückgetreten.
Ursprünglich hatte der inzwischen aus dem BZÖ ausgetretene Bürgermeister der Kärntner Gemeinde Gurk nach seinen umstrittenen Äußerungen, dass Deserteure der deutschen Wehrmacht zum Teil Kameradenmörder seien, den Rückzug aus dem Bundesrat angekündigt. Diese Ankündigung hat er widerrufen, weil er sich vom amtierenden Bundesratspräsidenten Georg Pehm (SPÖ) ungerechtfertigt kritisiert fühlte.
Nach der geltenden Gesetzeslage behält Kampl damit sein Mandat und übernimmt am 1. Juli den Vorsitz in der Länderkammer des Parlaments. Die Grünen haben als Ausweg vorgeschlagen, den Bundesrat selbst bestimmen zu lassen, welcher Abgeordnete aus dem Vorsitz führenden Bundesland Präsident sein soll.
Pühringer lehnt das als "Anlassgesetzgebung" ab: "Nicht das System ist falsch, sondern dieser Mensch ist falsch an diesem Platz." Und er nennt einen weiteren Grund, warum er gegen die Gesetzesänderung ist: "Warum sollen Wiener, Burgenländer, Tiroler und Vorarlberger mitbestimmen, wer in der oberösterreichischen Vorsitzzeit im Landtag Präsident ist?"
Vizekanzler Hubert Gorbach (BZÖ) will jedenfalls versuchen, Bundesrat Siegfried Kampl doch noch zum Rücktritt zu bewegen. Dass Kampl, der zum Rücktritt bereit gewesen sei, sich dann doch anders entschieden habe, führte Gorbach gegenüber ORF Radio Vorarlberg auch auf die Art und Weise der Kritik des Bundesrats-Vorsitzenden Pehm zurück. "So hat Kampl gesagt: Also wie ein Verbrecher lasse ich mich auch nicht aus diesem Gremium jagen, ich habe ja eine persönliche Ehre", so Gorbach.
Der oberösterreichische ÖVP-Landeschef sieht nur einen Ausweg, um dem Bundesrat ein halbes Jahr Querelen zu ersparen: Man müsse Kampl zur Räson rufen und zum Verzicht bewegen. Und wenn er diesem Ruf nicht folgt, dann "wird es der österreichische Bundesrat auch aushalten." Aber es dürfe keine Verfassungsänderung geben "nur weil sich einer daneben benimmt - gehörig daneben benimmt".
Ähnlich argumentiert Niessl, derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz. Er warnte vor einem nicht durchdachten Schnellschuss: "Denn es könnte der zweite BZÖ-Bundesrat aus Kärnten sagen, dass er die Wahl nicht annimmt. Dann ist die Länderkammer gezwungen, Siegfried Kampl zum Vorsitzenden zu wählen. Das würde ihn noch weiter aufwerten." Am Ende würde damit das Gegenteil von dem heraus kommen, was beabsichtigt war.
Dass der Bundesrat durch angekündigte SPÖ-Boykottaktionen in ein schiefes Licht geraten könnte, befürchtet der burgenländische Landeshauptmann nicht. Protest sei in diesem Fall gerechtfertigt. Niessls Fazit: "Man sollte nicht wegen eines Bundesrates die Verfassung ändern, weil dadurch auch die Kompetenzen der Länder eingeschränkt würden."
Gusenbauer: Glaubwürdigkeit des Gedenkjahres gefährdet
SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer sieht durch den designierten Bundesratspräsidenten Siegfried Kampl das Gedenkjahr 2005 gefährdet. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag meinte er: "Die Glaubwürdigkeit des Gedenkjahrs 2005 steht und fällt mit der Frage, ob Kampl zurücktritt oder nicht." Unverständlich ist für Gusenbauer, warum Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zu der ganzen Angelegenheit schweigt. Nach Ansicht des SP-Chefs wäre es die Aufgabe des Kanzlers, einzugreifen. Konkret will Gusenbauer, dass Schüssel Druck auf Kampl selbst und auch auf BZÖ-Obmann Jörg Haider ausübt.
Kein Verständnis hat der SP-Vorsitzende für Kritik der Bündnis-Orangen an Bundesratspräsident Georg Pehm. Dessen Verurteilung der historisch bedenklichen Aussagen Kampls hatte ja der Gurker Bürgermeister als Grund für seinen Rücktritt vom Rücktritt genannt: "Bundesratspräsident Pehm hat das gesagt, was ein Bundesratspräsident sagen muss", betonte Gusenbauer.
Schüssel: "Ein Kanzler entfernt keine Abgeordneten"
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bedauert den Rücktritt vom Rücktritt des Kärntner BZÖ-Bundesrates Siegfried Kampl. Er könne sich nur dem Appell anschließen, die Länderkammer "freizumachen von solchen Erklärungen", betonte er am Dienstag im Pressefoyer nach dem Ministerrat.
"Bedenklich" ist für Schüssel die Aufforderung einzelner Oppositionspolitiker - vor allem der SPÖ - der Bundeskanzler solle ein Machtwort sprechen, das Kampl entfernt werde. Er verwies dazu auf die Gewaltenteilung, es sei nicht möglich, dass ein Kanzler einen frei gewählten Abgeordneten entferne. Auch bedenklich ist für Schüssel die fortschreitende Abwertung von Abgeordneten und Institutionen wie dem Bundesrat.