Der Ausschuss der Regionen (AdR) in der EU tagt kommenden Mittwoch und Donnerstag wieder in Brüssel. Im Regionen-Ausschuss sind unter anderen die österreichischen Landeshauptleute vertreten. Auch | der Kärntner Landeschef, FPÖ-Obmann Jörg Haider, hat seine Teilnahme angekündigt · ungeachtet der in Brüssel bevorstehenden Protestkundgebungen.
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Er sei in seiner Eigenschaft als Regierungschef eines Bundeslandes vom EU-Ministerrat einstimmig in dieses Gremium gewählt worden und werde sich daher sein Recht nicht nehmen lassen, dort
aufzutreten, hat Jörg Haider bereits mehrfach betont. Nach den Regeln des AdR könnte sich Haider auch durch seinen Stellvertreter im Ausschuss, den SPÖ-Landesrat Adam Unterrieder, vertreten lassen.
"Haben die EU-Außenminister nicht vor einem Jahr erst Haiders Berufung in den Ausschuss der Regionen gebilligt?", gab Theo Sommer in einem Kommentar in der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" zu
bedenken.
Der Bürgermeister des Bezirkes Etterbeek in Brüssel, Vincent De Wolf, will Haiders Besuch aber aus Angst vor Ausschreitungen verhindern. Er fürchtet Demonstrationen und Gegendemonstrationen, sagte er
der Tageszeitung "La Lanterne". Anfang November demonstrierten im Bezirk Etterbeek 200 Menschen gegen Jörg Haiders Anwesenheit bei der Eröffnung des Verbindungsbüros des Landes Kärnten bei der
Europäischen Union. Angesichts der erneut zu erwartenden Proteste sollen die Sicherheitsvorkehrungen für die Sitzung im Plenarsaal des EU-Parlaments verstärkt werden. Am Donnerstag wird laut Programm
auch EU-Kommissionspräsident Romano Prodi vor dem Regionen-Ausschuss eine Rede halten.
Die Landeshauptfrau der Steiermark, Waltraud Klasnic (ÖVP), sieht der AdR-Tagung mit Gelassenheit entgegen. "Ganz normal" werde sie nach Brüssel fahren. Im Übrigen frage sie sich jetzt, angesichts
der internationalen Protestwelle und der Reaktion Österreichs darauf, "wo ist denn unser Selbstbewusstsein geblieben".
Kommissionspräsident Prodi
vor dem Regionen-Ausschuss
Landeshauptmann Haider hat bisher zwei Mal, im Juni und im November des Vorjahres, an Sitzungen des Ausschusses in Brüssel teilgenommen. Bei der letzten Sitzung forderte er eine Absicherung bzw.
Aufwertung der ethnischen Minderheiten in den Ländern der EU-Beitrittswerber. Konkret erinnerte er an die in Slowenien lebenden Altösterreicher mit deutscher Muttersprache, für die es nach wie vor
keinen Minderheitenschutz gebe.
Der Ausschuss der Regionen ist eine "Art föderalistische Kammer" der EU, in der alle Regionen der EU vertreten sind. Derzeit hat der AdR 222 Mitglieder. Um die Arbeitsfähigkeit des Ausschusses zu
erhalten, soll auch nach einer EU-Erweiterung die Anzahl der Mitglieder 350 nicht übersteigen. Präsident des Regionen-Ausschusses ist der Deutsche Manfred Dammeyer, Fraktionsvorsitzender der SPD im
nordrhein-westfälischen Landtag und ehemaliger Europaminister.
Der Ausschuss der Regionen ist ein beratendes Organ, das seine Tätigkeit gemäß dem Maastrichter Vertrag 1994 aufnahm. Der AdR soll "sicherstellen, dass die EU-Politiken den Interessen der unterhalb
der zentralstaatlichen Ebene agierenden Verwaltungsebenen und ihrem potenziellen Beitrag zur europäischen Integration besser Rechnung tragen", heißt es in der Aufgabenbeschreibung.
Der Regionen-Ausschuss hat folgende Funktionen: In erster Linie erarbeitet er Stellungnahmen, die für die Kommission, den Rat und das Europäische Parlament bestimmt sind; er setzt Themen, die für die
lokale und regionale Ebene von besonderem Interesse sind, auf die politische Agenda der EU; der AdR fungiert als Botschafter zwischen den EU-Bürgern und -Institutionen und umgekehrt; außerdem stellt
der Ausschuss eine gemeinsame Plattform für dezentrale Verwaltungsebenen in der EU bereit, die den Vertretern der lokalen und regionalen Körperschaften einen Gedanken- und Erfahrungsaustausch
ermöglicht.
Größtmögliche Einbeziehung
und Beteiligung der Bürger
Nach den Grundsätzen der "Subsidiarität" und der "Bürgernähe" soll der Regionen-Ausschuss zu einer größtmöglichen Einbeziehung und Beteiligung der Bürger auf breiter Front beitragen und diese
unterstützen. Den Bürgern in den Mitgliedstaaten soll sichtbar gemacht werden, "was die Union für sie leistet oder leisten kann und wie sie ihre Stimme in den EU-Organen zu Gehör bringen können".
Konkret werden in dem Gremium etwa die Gemeinschaftsinitiativen konzipiert. Österreich partizipiert sowohl von dem Projekt "Interreg" (zur Förderung von Grenzregionen) als auch von den Initiativen
"Leader" (ländliche Entwicklung), "Urban" (Stadtentwicklung) und "Equal" (Chancengleichheit am Arbeitsmarkt).
Konsultationen, aber
keine Mitentscheidung
Der Regionen-Ausschuss muss von den Brüsseler Institutionen angehört werden, er hat aber kein Mitentscheidungsrecht. Die Konsultationen dürften nicht zu einer bloßen Formsache degradiert
werden, appellierte im vergangenen Jahr AdR-Präsident Dammeyer. Mit dem im Mai 1999 in Kraft getretenen Amsterdamer Vertrag ist das Gremium aufgewertet worden. Demnach müssen EU-Rat und -Kommission
den Regionen-Ausschuss nun auch in den Bereichen Beschäftigung, Umwelt, Verkehr und Soziales konsultieren. Davor war eine Anhörung nur bei Gesundheit, Kultur und den Transeuropäischen Netzen
vorgesehen.
Für den AdR "muss die anstehende institutionelle Reform zu einem Europa führen, das möglichst bürgernah, transparent, offen, demokratisch und verlässlich ist." Als Prioritäten bis zum Jahr 2002
werden die Umsetzung der Agenda 2000 (vor allem im Hinblick auf eine gemeinsame Agrarpolitik), die EU-Erweiterung, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Umweltpolitik genannt.