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Landesvater mit Wirtschaftskompetenz

Von WZ Online

Politik

Zum Tod von Lothar Späth.


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Er war in einer Zeit aktiv, als es in Baden-Württemberg noch absolute Mehrheiten der CDU gab. Lothar Späth galt als der Inbegriff des Landesvaters in einem patriarchalischen politischen System. Zwar trat er das Amt 1978 mit dem für damals jugendlichen Alter von 40 Jahren an, doch war er bald als "Cleverle" akzeptiert, als Lenker, der vor allem das wirtschaftliche Wohlergehen des Landes im Auge hatte. Dementsprechend förderte er die Ansiedelung von Unternehmen, um Arbeitsplätze zu schaffen.

1989 galt er in der Union als  mögliche Alternative zu Kanzler Helmut Kohl. Die Opposition fand in der  CDU aber keine Mehrheit und Späth flog beim Parteitag aus dem CDU-Präsidium.

Der enge Kontakt mit Wirtschaftsspitzen kostete ihn schließlich den Job. 1991 trat er nach Vorwürfen zurück, er habe sich Reisen von privaten Unternehmen finanzieren lassen. Dass es dafür politische Gefälligkeiten gegeben hätte, wies er im Untersuchungsausschuss zurück.

Zweite Karriere

Daraufhin startete Späth noch einmal durch. Im selben Jahr übernahm er die Führung des traditionsreichen Optik- und Elektronikunternehmens Jenoptik im thüringischen Jena und machte es zu einer Vorzeigefirma.

Parallel dazu bezog der als strategisch denkender Kopf geltende Späth weiter gern öffentlich Position zu wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Fragen. Vor allem die Probleme des Aufbaus in den neuen Bundesländern war sein Thema.

Der umtriebige Lothar Späth (l.) besuchte im März 1987 den DDR -Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker.
© Deutsches Bundesarchiv - Rainer Mittelstädt - Creative Commons

Im Bundestagswahlkampf 2002 holte der damalige Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) Späth überraschend als neuen "Superminister" für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Aufbau Ost in sein Team. Die Wähler erteilten Stoiber jedoch eine Abfuhr. und Späth arbeitet danach für die Investmentbank Merrill Lynch.

Erst vor zwei Wochen machte seine Familie öffentlich, dass er an Demenz litt und in einem Pflegeheim bei Stuttgart lebte.

Späth starb im Alter von 78 Jahren. Er hinterlässt seine Ehefrau Ursula (78),  seine Tochter Daniela und den Adoptivsohn Peter.

Würdigungen

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) würdigt Späth als "Visionär im besten Sinne, weltoffen, mit Weitblick, mutig und bürgernah".

Bundestagspräsident Norbert Lammert strich die herausragende wirtschaftspolitische Kompetenz Späths hervor. Dem schloss Unionsfraktionschef Volker Kauder an: "Seine Kreativität und seine Ideen haben die Wirtschaft beflügelt und damit dem Wohl aller Menschen gedient", erklärte er in Berlin. " 

SPD-Landeschef und Wirtschaftsminister Nils Schmid stellte fest,  dass Späth die Weichen dafür gestellt habe, dass Baden-Württemberg zum Innovationsland Nummer eins wurde.

"Mit Lothar Späth verlieren wir einen der größten Verfechter der deutsch-französischen Freundschaft und einen überzeugten und überzeugenden Befürworter eines starken Europas", erklärte ARTE-Chef Peter Boudgoust. Lothar Späth war als deutsch-französischer Kulturbevollmächtigter an der Gründung eines deutsch-französischen Kultursenders maßgeblich beteiligt gewesen.

Buchtipp
Herbert A. Henzler, Lothar Späth: Der Generationen-Pakt: warum die Alten nicht das Problem, sondern die Lösung sind, Hanser Verlag.