Zum Hauptinhalt springen

Landleben der Urzeit

Von Roland Knauer

Wissen
In den Barberton-Bergen Südafrikas finden Forscher ältesten Spuren von Landleben.
© Sami Nabhan/Universität Jena

Bald nach seiner Entstehung hat das Leben die Meere verlassen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Berlin. Langgestreckte kahle Hügel mit ein paar Waldstreifen an den Flanken - aufregend sieht der Barberton Grünsteingürtel an der Grenze zwischen Südafrika und Swasiland nicht gerade aus. Und doch steht das gerade einmal 1800 Meter über den Meeresspiegel aufragende Bergland auf der Kandidaten-Liste zum Unesco-Welterbe der Menschheit. Schließlich finden Wissenschafter in diesen uralten Gesteinen Spuren von Leben, die zu den ältesten auf der Welt gehören.

Sami Nabhan von der Freien Uni Berlin und der Uni Jena und seine Kollegen präsentieren im Fachblatt "Geology" noch einen weiteren Eckstein für eine erfolgreiche Bewerbung um diesen Titel: Relativ kurz nach seiner Entstehung im Meer hat dieses Leben vor gut 3,2 Milliarden Jahren auch den Sprung an Land geschafft. Gefunden haben die Forscher aber nicht etwa versteinerte Knochen, die ohnehin erst ein paar Milliarden Jahre später "erfunden" wurden. Sie stießen vielmehr auf Spuren, die der Stoffwechsel von Mikroorganismen in einem Gestein des Barberton Grünsteingürtels hinterlassen hat.

Damals lebten die Winzlinge in einer Ebene, durch die ein Fluss strömte. Offensichtlich gab es in dieser Zeit also bereits Leben auf dem festen Land. Die Spuren dieser Mikroorganismen wies Michael Wiedenbeck vom Deutschen Geoforschungszentrum GFZ in Potsdam in winzigen Körnchen des Minerals Pyrit nach. Mikrobiologen beobachten schon lange, dass sich bestimmte Bakterien noch heute im Untergrund von diesem "Schwefelkies" ernähren.

Mehrstufiger Prozess

Ähnlich scheinen auch früher Mikroorganismen Pyrit als Lebensgrundlage genutzt zu haben. Dieses Mineral baut sich aus den beiden Elementen Eisen und Schwefel auf. Beim Schwefel wiederum gibt es in der Natur unterschiedlich schwere Atome. Die beiden häufigsten dieser Isotope heißen Schwefel-32 und Schwefel-34, sie stellen zusammen mehr als 99 Prozent aller Atome. Ernähren sich Mikroorganismen von Schwefelkies, verdauen sie zwar alle Isotope, bevorzugen aber die leichteren Atome. Der von den Bakterien gefressene Pyrit enthält daher weniger des schwereren Schwefel-34.

Die Unterschiede sind allerdings relativ gering und Forscher wie Wiedenbeck können sie nur mit einem speziellen Gerät messen, einem "sekundären Ionenmassenspektrometer" oder kurz "Sims". Dabei fand der Wissenschafter im Kern der Pyrit-Körnchen aus dem Barberton Grünsteingürtel jeweils mehr Schwefel-34 als an den Rändern. Diesen Unterschied erklären die Wissenschafter mit einem mehrstufigen Prozess.

Zunächst transportierte ein schnell fließender Fluss Sedimente, in denen Schwefelkies enthalten war, von den Bergen in die Ebene. Dort floss das Wasser viel langsamer und die Sedimente lagerten sich ab. Im Boden wiederum lebten Bakterien, die begannen die Oberfläche der winzigen Pyrit-Körnchen zu verdauen. Da der feuchte Boden bisweilen austrocknete, wurde dieser auf Wasser angewiesene Lebenszyklus nach einiger Zeit unterbrochen. Ohne Bakterien bildete sich dann in der Randzone wieder neuer Pyrit, der jetzt aber weniger Schwefel-34 enthielt. Genau diesen Unterschied zwischen dem Inneren der Schwefelkies-Körnchen, das die Mikroorganismen nie erreichten, und den äußeren Schichten misst das Sims-Gerät am GFZ.

Der erste Nachweis

Damit beweist es zunächst einmal nur, dass dort Bakterien aktiv waren. Das gefundene Muster der Schwefel-Isotope aber lässt sich nur mit einem Fluss erklären, der durch eine Ebene fließt und Sedimente ablagert. Das aber konnte nur an Land geschehen und das Leben musste die Meere bereits verlassen haben, als sich die jetzt untersuchte Gesteinsschicht vor 3,22 Milliarden Jahren bildete. So altes Landleben aber hatte bisher niemand nachgewiesen.