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Landtagswahlen stärken die SPD Merkel braucht einen Imagewechsel

Von Markus Kaufmann

Analysen

Nach den Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sieht sich die SPD auf Bundesebene gestärkt - weil sie mehrere Koalitionsoptionen hat, weil sie zwei Ministerpräsidenten retten konnte und weil es der Union überall noch schlechter ging. Sollte sie in Mecklenburg-Vorpommern mit der CDU koalieren, dann aus der Position des Stärkeren. (Übrigens: In diesem Fall bekäme die Große Koalition im Bundesrat, also in der Länderkammer, eine Zweidrittelmehrheit.)


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Bleibt sie aber trotz hauchdünner Mehrheit bei Rot-Rot, wäre dies ebenfalls ein bundespolitisches Signal. Einerseits an den Wähler: Seht her, die Dunkelroten als Partner sind bereits politische Normalität! Andererseits an die CDU: Wir haben mehr Auswahl bei der Partnersuche als ihr!

Die CDU ist in Berlin vorerst chancenlos. Eine Regeneration der einst so glorreichen Weizsäcker- und Diepgen-Partei tut dringend Not. Ob der smarte, aber "unberlinische" Friedbert Pflüger (51) als von außen Kommender dies im Intrigantenstadel der Spree-Union schafft, darf bezweifelt werden. Noch fehlen ihm Format und Profil seiner Vorgänger. Am Dienstag will er sich zum Fraktionsvorsitzenden wählen lassen. Im hohen Norden könnte die CDU die PDS beerben und als Koalitionspartner in den Schweriner Landtag einziehen.

Im Kanzleramt hingegen muss klar werden: Angela Merkel braucht dringend einen Imagewechsel von der Moderatorin zur Wegweiserin dieser Koalition. Es sind nicht so sehr die Grausamkeiten, die den Wähler abschrecken, es ist die scheinbare Orientierungslosigkeit, das unkoordinierte Gegacker, bevor die Eier gelegt sind.

Die Grünen haben den Abgang ihrer Lichtgestalt "Joschka" Fischer nicht überwunden. In Berlin drängen sie in die Regierung, wollen aber auf keinen Fall einen Dreierbund mit der PDS riskieren. In den Ländern der ehemaligen DDR bekommen sie weiterhin keinen Fuß in die Tür. Berlin ist also die einzige Chance, wieder im bundespolitischen Konzert als "Realo" wahrgenommen zu werden.

Die PDS steht vor der Gretchenfrage, wie teuer sie die Regierungsbeteiligung zu stehen kommt. In Schwerin hat sie es besser geschafft als in Berlin, gleichzeitig Regierungs- wie auch Protestpartei zu spielen. Dieser Spagat ist ihre einzige Überlebenschance, solange die Fusion mit der Lafontaine-WASG noch nicht vollzogen ist.

Der Einzug der NPD dürfte eine nur kurz währende Katastrophe bleiben. Überall, wo Rechtsradikale in ein Parlament gewählt wurden, waren sie sehr rasch entzaubert und kehrten meist nicht mehr zurück. Das wird eine starke Demokratie jedenfalls leichter ertragen als die ständig schrumpfende Wahlbeteiligung, die diesmal mit rund 60 Prozent erneut Tiefststände erreicht hat - das wohl deutlichste bundespolitische Signal. Denn die Wähler der Großen Koalition auf Bundesebene sind diesmal (noch) daheim geblieben.