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Lange Entwöhnungsphase für Raucherlokale

Von Clemens Neuhold

Politik

Die Regierung verbietet Zigaretten im Lokal frühestens 2017. Das dämpft die Wut der Wirte.


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Wien. Gute Nachricht für Nichtraucher - das Rauchverbot in Lokalen kommt fix. Gute Nachricht für Raucher Wirte und den Finanzminister - frühestens 2017. Das Gesetz geht diese Woche in Begutachtung, damit es gegen Sommer beschlossen werden kann - versehen mit einer langen Übergangsfrist.

Damit geben Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) der Gastronomie Zeit, die aufwendige Trennung in Raucher und Nichtraucherbereiche wieder rückzubauen. Diese Umbauten waren eine Reaktion auf das Rauchergesetz von 2009 und sind bald hinfällig.

Tabaksteuer

Eine längere Übergangsfrist schont die Staatsfinanzen. Denn als Kompensation für die Investitionen nach 2009 sind Abschreibungsmöglichkeiten im Gespräch. Je länger die Investition her, desto günstiger theoretisch für den Staat. Wer früher rauchfrei wird, könnte hingegen belohnt werden. Als Alternative zu Abschreibungen waren aber auch Einmalzahlungen im Gespräch.

Eine längere Übergangsfrist bedeutet auch, dass die Tabaksteuer länger sprudelt. Der Sprecher der Tabak Austria will potenzielle Rückgänge ab Verbot nicht beziffern, meint aber: "In Italien sorgte das Rauchverbot für einen Rückgang beim Tabakvolumen von acht Prozent. Das wären auf Österreich umgelegt 50 Millionen Euro an Tabaksteuern."

Beim Ministerrat am Mittwoch verwies Mitterlehner nur auf Oberhauser und nahm sich selbst aus der Schusslinie. Er war ins Kreuzfeuer der Wirte geraten, die sich durch die Steuerreform belastet fühlen und ihm die Hauptschuld gaben. Nun geht es der Partei offenbar darum, die Wogen mit einer langen Übergangsfrist für das bei vielen Gastronomen verhasste Rauchverbot zu glätten.

Die Gastronomie macht sich nun wie berichtet für Raucherzonen vor den Lokalen stark ("Schani-Garten light") und will erreichen, dass nicht jeder Anrainer, der sich durch Raucher vor der Türe gestört fühlt, sofort die Polizei schicken darf.

Offen ist, ob E-Zigaretten im Lokal weiterhin erlaubt sind, wenn sie Nikotin erhalten. Das Gesundheitsministerium wollte das am Mittwoch nicht kommentieren. Nach gültiger Rechtslage dürfen E-Zigaretten sowohl in Nichtraucherlokalen als auch in Büros gequalmt werden - so sie der Büroinhaber oder Gastronom nicht via Hausordnung aus seinen Räumlichkeiten verbannt hat. Im Februar hieß es aus dem Gesundheitsministerium: "E-Zigaretten werden ein großes Thema sein." Man bezog sich auf die EU-Tabakprodukterichtlinie, die bis spätestens 20. Mai 2016 in Kraft sein muss.

In Großbritannien wird seit geraumer Zeit darüber debattiert, das Dampfen in Pubs zu verbieten. Schottland überlegt gerade ein entsprechendes Gesetz. Viele Kaffeehaus- und Restaurantketten auf der Insel haben das Dampfen schon verbannt. Finnland und Norwegen wollen E-Zigaretten komplett mit Tabakzigaretten gleichstellen, was das Rauchverbot betrifft.

Neue Branche sieht alt aus

Was dagegen spricht: Mit 1. Oktober kommt die Pflicht zum Verkauf von E-Zigaretten in Tabaktrafiken. Durch ein E-Rauchverbot würde der neu dazu gewonnene Markt für die Trafikanten gleich wieder wegbrechen, jene Trafiken, die über ständig steigende Tabaksteuern, die Billig-Konkurrenz aus dem Ausland bei Tabak und die Verlagerung des Leseverhaltens aufs Internet bei Zeitschriften klagen.

Ein harter Schlag ist die neue Politik für den E-Zigaretten-Verkauf für Marktführer nikoBlue. Er muss dann seine 13 Filialen zusperren - wogegen dieser nun vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) zieht. "Ich mag mir mein Geschäft nicht wegnehmen lassen", sagte nikoBlue-Gründer Franz Seba vor Journalisten.

Sollte er vor Gericht nicht recht bekommen, will er auf den Internetverkauf von Deutschland aus umsteigen. "Natürlich, so viel Anarchist bin ich", betonte Seba. Allerdings geht er fix davon aus, dass die Trafikpflicht nicht hält - und er bekommt dabei Unterstützung vom Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Er greift den Passus in der Gesetzesanpassung auf, wonach die Regelung der "Sicherung der Einkünfte der Tabaktrafikanten" dient. "Das ist ein Schuss ins Knie", so Meyer.

Dass die E-Zigaretten unter das Tabakmonopol fallen sollen, obwohl sie keinen Tabak enthalten, sei eine weitere Widersinnigkeit. Meyer und Seba sind sich einig, dass die Novelle lediglich der Tabaklobby diene. Der Gesundheitsschutz sei nur vorgeschoben, denn schließlich könne man auch Zigaretten bei Tankstellen und Wirten kaufen.

Zurück zur Zigarette?

Außerdem müssten dann ehemalige Raucher, die auf die E-Zigaretten umgestiegen sind, wieder in die Trafik gehen, was ihr Rückfallrisiko erhöhe. Das Argument des Jugendschutzes lässt Seba auch nicht gelten, denn schließlich müsse jede Supermarktkassiererin auch den Jugendschutz einhalten. Dies sei also keine Domäne der Trafikanten.

Insgesamt gebe es in Österreich rund 75 Fachgeschäfte mit rund 250 Mitarbeitern für die elektronische Zigarette. Seba erhofft sich für seine Filialen heuer einen Umsatz von vier bis fünf Millionen Euro. Sollte das Verbot mit 1. Oktober wirklich in Kraft treten, will er trotzdem nicht klein beigeben und zusperren. Man werde jeden einzelnen Fall ausfechten, gab sich Seba kämpferisch.