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Lange Leitung

Von Werner Reisinger

Politik

TU-Experte Mecklenbräuker über das Breitband-Internet, 5G und warum ein Ausbau wichtig ist.


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Wien. Es war eines der zentralen Projekte der letzten rot-schwarzen Regierung, das danach im Wahlkampf unterging: der flächendeckende Ausbau des Breitbandnetzes und die Einführung des modernen 5G-Mobilfunknetzes. Seit Juli 2017 lag die Strategie des ehemaligen SPÖ-Infrastrukturministers Jörg Leichtfried am Tisch, er beklagte damals, die ÖVP würde das Projekt blockieren. Nun geht die ÖVP-FPÖ Regierung das Projekt an. Am Mittwoch passierte das nunmehrige Prestigeprojekt von FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer den Ministerrat.

Bis Mitte 2018 sollen demnach erste vorkommerzielle 5G-Test-stellen umgesetzt werden, Ende 2020 soll Breitbandinternet dann fast flächendeckend in Österreich verfügbar sein, in den Landeshauptstädten soll 5G in den Markt eingeführt werden. Bis 2025 soll es 5G flächendeckend in Österreich geben. Österreich sei "Schlusslicht" bei der neuen Technologie, so der Tenor. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müsse man zurück an die Spitze, sagt Hofer.

Was bedeutet der 5G-Ausbau genau? Die "Wiener Zeitung" hat Christoph Mecklenbräuker, Experte für flexible Funksysteme am Institut für Nachrichtentechnik und Hochfrequenztechnik der TU Wien, um Antworten gebeten.

"Wiener Zeitung":Herr Professor, wie hängen 5G und Breitbandausbau zusammen?Christoph Mecklenbräuker: Wenn Sie drahtlos hohe Datenraten zur Verfügung stellen wollen, dann funktioniert das drahtlos vom Endgerät, also dem Handy, bis zu einer Basisstation. Die Frage ist dann aber: Wie kommen diese hohen Datenraten von der Basisstation ins Internet? Hier ist aus meiner Sicht Glasfaser die beste Lösung. Man kann dies auch über Mikrowellenrichtfunk oder anderes einsetzen, aber Glasfaser ist langfristig sicher die nachhaltigste Lösung.

Warum?

Weil hier wirklich die Bandbreiten gegeben sind, die auf lange Sicht genügen werden. Ich bin jetzt Anfang 50, ich gehe nicht davon aus, mit 5G in Pension zu gehen. Zirka alle zehn Jahre kommt es zu einem Innovationsschritt.

Wenn Sie einmal Glasfaser verlegt haben, können sie die Anlagen an den Kabelenden auch später modernisieren oder austauschen. Glasfaser hat sehr große Bandbreiten-Kapazitäten, ganz im Gegensatz zu Kupfer. Bei Kupfer erreichen Sie irgendwann eine Kapazitätssättigung, dann bringt auch ein Tausch der Anlagen an den Kabelenden nichts mehr.

Wieso setzte man bisher noch nicht auf Glasfaser?

Das hat mit den Kosten zu tun. Nicht Glasfaser an sich ist teuer, sondern die Verlegung. Die kostet richtig Geld. Bereits verfügbare Kupferkabelnetze zu nutzen und bei Modernisierung nur die Anlagen an den Kabelenden auszutauschen, ist kurzfristig günstiger. Dadurch wird aber die technische Entwicklung verzögert. Das passiert aber nicht nur in Österreich so.

Ist Österreich tatsächlich "Schlusslicht" beim Breitbandausbau in Europa, wie oft behauptet?

Das kommt darauf an, wie weit man Europa fasst. Österreich hat immer das Potenzial, ein Testmarkt für zukünftige Mobilfunktechnologien für den deutschsprachigen Raum zu sein. Wir machen rund zehn Prozent des deutschsprachigen Raums aus. Nokia hatte in den späten 90er Jahren damit begonnen, neue Technologien in Österreich zu testen. Wie kommt das an? Welche Preise kann man verlangen? Die Tatsache, dass Österreich als besonders "handyverliebt" gilt, hängt mit dem Testmarkt zusammen. Ich bin optimistisch, dass dies beim 5G-Ausbau ähnlich funktionieren kann.

Im Herbst 2017 startete der "5G Playground Carinthia", ein gefördertes Testprojekt, das Glasfaser-Hochgeschwindigkeitsinternet zum Test von 5G zur Verfügung stellte. Deshalb hat Österreich durchaus eine realistische Chance, Vorreiter zu werden.

Warum eigentlich ist 5G so wichtig? Internet am Handy ist auch jetzt schon sehr schnell.

Alles ist auf Wachstum ausgerichtet, nicht nur der Mobilfunkbereich. Um super-hochauflösende Videos auf kleinen Smartphonebildschirmen geht es hier nicht. Auch Videostreaming funktioniert schon mit 4G sehr gut. Mit Wachstum meine ich hier auch nicht neue Handys für nachrückende Generationen. Es geht um neue Anwendungsfelder, die man bisher mit Mobilfunk nicht abdecken konnte. Stichwort Internet der Dinge: Hier geht es darum, viele Geräte und Sensoren möglichst leistungssparend zu vernetzen ("low power communications", Anm.). Es geht hier aber auch um möglichst kurze Latenzzeiten. Wenn Sie einen Stream ansehen, hat dieser eine kurze Anlaufzeit. Für Geräte oder Sensoren, die miteinander kommunizieren und dabei in hoher Intensität Fragen und Antworten austauschen, ist die hohe Latenzzeit sehr hinderlich.

Man hat sich das Ziel von nur einer Millisekunde Latenzzeit gesetzt, zum Vergleich: Sprachtelefonie über GSM toleriert 20 Millisekunden. Stellen Sie sich vor, Sie werden im AKH Wien von einem Roboter operiert, der von einem Spitzenchirurgen in Peking gesteuert wird. Ohne extrem kurze Latenzzeit ist das nicht möglich.

Oder nehmen wir den kooperativen Straßenverkehr. Selbstfahrende Autos sollen ja den Verkehr sicherer und sauberer machen. Bis vor kurzem habe ich gedacht, hier gibt es nur Gewinner. Das stimmt so nicht. So schlimm es ist: Wer seit zehn Jahren auf eine Spenderniere wartet, wird künftig immer länger warten müssen. Einfach, weil die verfügbaren Organspender immer weniger werden. Es gibt also keineswegs nur Gewinner. Aber ich verlagere Kosten.

Der dritte Bereich, wo 5G zentral werden wird, ist Virtual Reality. Hier vor allem im Unterhaltungsbereich, Filme, Videos, aber auch Computerspiele. Und auch hier gibts es sicherlich Wachstumspotenzial.