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Bei Anreizen für Arbeit in der Pension gegen den Fachkräftemangel ist die Regierung seit Ende März in der Nachspielzeit.
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Das hat sich Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) dann doch anders vorgestellt. Anfang März war er ganz in Vorfreude darauf, dass die Bundesregierung mit seinen Parteikollegen von der ÖVP und den Grünen rasch Nägel mit Köpfen machen würden, damit die von den Unternehmen dringend gesuchten Fachkräfte auch in den Reihen von älteren Menschen, die in der Pension dazuverdienen wollen, gefunden werden. "Es ist hier höchste Zeit für Ergebnisse, denn unser ,Oberösterreich-Modell‘ für einen abgabenfreien Zuverdienst in der Regelpension wird von allen Bundesländern über die Parteigrenzen hinweg unterstützt", frohlockte er Anfang März.
Damals stand die erste Sitzung einer Reformgruppe auf Bundesebene mit Wirtschaftsminister Martin Kocher und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sowie Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) unmittelbar bevor. Die Bundesregierung hatte bei ihrer Klausur Mitte Jänner in Mauerbach bei Wien zwar die Steilvorlage geliefert, doch die wäre selbst für einen Starstürmer wie Champions-League-Sieger Erling Haaland von Manchester City nur schwer zu verwerten gewesen. Denn Ende März sollte die angekündigte Arbeitsgruppe bereits Vorschläge auf den Tisch legen.
19.000 über 65-Jährige sind noch unselbständig tätig
Inzwischen sind aber mehr als zwei weitere Monate verstrichen. Nur einmal hat die Arbeitsgruppe seither getagt. Es wäre an sich längst höchste Eisenbahn, weil die Suche vieler Firmen nach arbeitswilligen und einigermaßen in den Schulen gebildeten Mitarbeitern bisher ergebnislos verlaufen ist. Diese Steilvorlage hätte wiederum auch ein mittelmäßiger Kicker in Österreichs Zweiter Liga irgendwie im Tor untergebracht. Die Arbeitsgruppe der Regierung dribbelt hingegen nach wie vor herum, ohne dass auch nur ein ernsthafter Schuss aufs Tor abgegeben worden ist. Die Verhandlungen laufen, wird einstimmig in den drei eingebundenen Ministerien erklärt.
An guten Ratschlägen, um die Menschen in Österreich insgesamt länger im Berufsleben zu halten, hat es schon in der Vergangenheit nicht gemangelt. Tatsächlich gehen die Österreicher jedoch im Durchschnitt weiter vor dem Regelpensionsalter in den Ruhestand, bei Männern sind es rund 61 Jahre, regulär liegt das Antrittsalter bei 65 Jahren. Auch die Möglichkeit, Pensionisten mit finanziellen Anreizen zur weiteren Arbeit zu motivieren, wird nur von einem kleinen Teil der mehr als zwei Millionen Pensionisten genützt.
Ende April dieses Jahres waren nach einer Aufstellung des Arbeitsmarktservices (AMS) knapp 19.000 Personen über 65 Jahren unselbständig erwerbstätig - also mehr mit nur geringfügig beschäftigt mit gut 500 Euro im Monat. Darunter waren gut 7.183 Frauen, bei denen das reguläre gesetzliche Pensionsalter noch bis Anfang kommenden Jahres bei 60 Jahren liegt (bei Beamtinnen hingegen bei 65). In der Gruppe der 60- bis 65-Jährigen wurden Ende April immerhin 40.439 unselbständig erwerbstätige Frauen jenseits der Grenze zum Pensionsalter gezählt, bei den Männern 111.716.
Eine jener Politikerinnen, die versichert, sie werde bei dieser Frage weiter "lästig" sein, ist. ÖVP-Seniorenbundchefin Ingrid Korosec. Sie betont, dass die größere Regierungspartei an baldigen Maßnahmen interessiert sei, um durch Entlastungen das Arbeiten im Regelpensionsalter attraktiver zu machen. "Auf Ebene der ÖVP, angefangen vom Finanzminister, sind alle dafür", sagt sie.
Minister Rauch will noch im Berufsleben Hebel ansetzen
Sozialminister Rauch hat schon im Hohen Haus wissen lassen, was in seinem Ressort bekräftigt wird: "Um den Fachkräftemangel zu beheben, braucht es Maßnahmen, die wirklich etwas bewirken: Wir müssen in erster Linie auf die Zeit vor dem Pensionsantritt schauen und nicht auf die Zeit nach dem Pensionsantritt. Das heißt: Wir brauchen bessere Erwerbschancen für Frauen und Maßnahmen für (Langzeit-)Arbeitslose. Wir sollten auch darüber reden, wie wir Geflüchtete aus der Ukraine besser in den Arbeitsmarkt bringen können, die bereits gesetzten Maßnahmen reichen nicht aus.
"Eingriffe ins Pensionssystem greifen hingegen zu kurz: Sie sind aus sozialpolitischer Sicht unsolidarisch und spielen ältere und jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegeneinander aus", lässt Rauch wissen. Um das Problem des Fachkräftemangels zu lösen, sei "ein Gesamtpaket mit treffsicheren Maßnahmen" nötig, teilt sein Büro mit. Dafür wurde die Reformgruppe Arbeitsmarkt ins Leben gerufen, deren Gespräche noch nicht abgeschlossen seien.
Was konkrete Maßnahmen betrifft, um Anreize für das Arbeiten im Pensionsalter zu schaffen, sind koalitionsintern dem Vernehmen nach Entlastungen für die Arbeitergeberseite ein Streitpunkt. Da seinen die Grünen "skeptisch", wird berichtet. Das Sozialministerium sieht den Ball beim Wirtschaftsministerium, dieses spielt ihn wiederum an das Finanzministerium weiter, das für Steuerfragen zuständig ist. Von dort erfolgt aber gleich der Rückpass an das Wirtschafts- sowie das Sozialressort. Im Fußballerjargon würde gemault über eine "typische Null-zu-null-Partie" ohne spektakuläre Szenen.